Kirchenversammlung in Kairo bestimmt in Vorausauswahl drei Favoriten

Papstwahl mit Los-Entscheid

Am Sonntag soll der neue Papst der koptischen Christen in Ägypten per Los bestimmt werden. Dafür stehen jetzt drei Kandidaten fest. Für den künftigen geistlichen Führer wird es auch darum gehen, die Stellung der Christen im Land zu sichern.

Autor/in:
Julia Gerlach
Proteste in Ägypten (DR)
Proteste in Ägypten / ( DR )

Die große Kathedrale ist festlich geschmückt. In bunten Zelten warten die aus aller Welt angereisten Vertreter der koptisch-orthodoxen Kirche, dass sie ihre Stimme abgeben können.

2.410 Wahlleute - unter ihnen Priester und Mönche, aber auch viele Laien - sind aufgerufen, aus fünf Kandidaten drei Favoriten für die Nachfolge des verstorbenen Papstes Shenouda III. auszuwählen.



"Wir glauben daran, dass Gott am besten weiß, wer geeignet ist, unsere Kirche zu führen, deswegen legen wir die letztendliche Entscheidung in seine Hand. Ein Kind wird den Namen des Papstes aus einer Urne ziehen", erläutert Bischof Seratious Attia aus Kairo das ungewöhnliche Wahlverfahren. Er hat seine Stimme bereits im Inneren der Kathedrale in die gläserne Urne geworfen und begrüßt im Hof der Kirche Freunde und Bekannte.



So viele Kirchenvertreter wie in diesen Tagen versammeln sich nur selten. Und es gibt viele Themen, die zu besprechen sind: "Die Lage der Kopten in Ägypten ist sehr kritisch. Wir sind in Bedrängnis geraten und brauchen dringend einen weisen Papst, der uns schützen und die Gemeinschaft behüten kann", sagt Bischof Seratious.



Gewalt gegen Christen in Ägypten

"Es ist unwahrscheinlich, dass wir einen Mann finden, der die vielen guten Eigenschaften von Shenouda III. vereint. Aber wir beten, dass es eine weise Entscheidung gibt", ergänzt Habaschi Hanna. Der Ingenieur gehört zu den zwölf Vertretern der koptischen Kirche in Deutschland und ist aus Bremen an den Nil gereist. Durch die Revolutionen in der arabischen Welt habe sich die Lage der Christen deutlich verschlechtert.



"In Ägypten und anderen Ländern sind islamische Gruppen an die Macht gekommen und man bemerkt das Bestreben, unsere Länder stärker zu islamisieren", sagt er. Viele Kopten machen sich deswegen Sorgen, was die Sicherheit und die Stellung der Christen angeht.



Auch unter der Regierung von Präsident Hosni Mubarak kam es zu Angriffen auf Kirchen und Gewalt gegen Christen, vor allem in den armen Dörfern in Oberägypten. Nach dem Sturz Mubaraks hat die Gewalt jedoch spürbar zugenommen. Häufig reicht schon ein Gerücht, wonach Christen etwa heimlich ein Wohnhaus in eine Kirche umwandeln oder ein Christ eine muslimische Frau verführt habe, um gewalttätige Auseinandersetzungen auszulösen. Fast immer sind Christen die Opfer und fast nie werden die Täter bestraft. In den vergangenen Monaten mussten mehrfach die christlichen Bewohner im Zuge dieser Auseinandersetzungen ihre Dörfer verlassen.



"In dieser Situation brauchen wir Christen einen erfahrenen Mann an der Spitze", sagt Hanna. Der zukünftige Papst müsse ein guter Diplomat sein, der in der Lage sei, sowohl mit der Regierung als auch mit den Vertretern anderer Religionen Kompromisse zu schließen. "Das schlimmste wäre eine Verschärfung der Konfrontation, dabei können wir Christen nur verlieren", sagt er.



Entscheidung zwischen zwei Bischöfen und einem Mönch

Am Abend sind alle Stimmzettel ausgezählt und Vater Paul gibt das Ergebnis bekannt: Die Entscheidung wird fallen zwischen zwei Bischöfen und einem Mönch: Der 58-jährige Bischof Raphael aus Kairo war einer der Mitarbeiter des im März verstorbenen Shenouda. Er ist Mitglied der Heiligen Synode und hat Medizin studiert, bevor er 1997 zum Mönch geweiht wurde.



Der 60-jährige Bischof Tawadros von Baheira gehört ebenfalls zur Heiligen Synode und zählt zu den Mitarbeitern des "Interim-Papstes" Pachomios. Er ist studierter Apotheker. Aber auch der 70-jährige Mönch Raphael Ave Mina aus einem Kloster in Alexandria könnte der nächste Papst werden. Er ist Absolvent der juristischen Fakultät.



Die Namen dieser drei werden am kommenden Sonntag (4. November) in die sogenannte Altar-Lotterie eingehen. Ein Junge mit verbundenen Augen wird während der Messe am Altar eines der drei Lose ziehen, auf denen die Namen der Kandidaten stehen. Dann steht der nächste koptische Papst und 118. Nachfolger des Evangelisten Markus, auf den die Kirche zurückgeht, fest.