Caritaspräsident sieht Reformbedarf bei kirchlicher Sexualmoral

Kirchliche Argumente nicht wahrgenommen

In der Debatte um Reformen in der katholischen Kirche sieht Caritaspräsident Peter Neher Änderungsbedarf bei der kirchlichen Sexualmoral. In diesem Bereich fehle der Kirche die Sprachfähigkeit, sagte Neher der "Augsburger Allgemeinen".

Caritas-Präsident Peter Neher im Gespräch / © Harald Oppitz (KNA)
Caritas-Präsident Peter Neher im Gespräch / © Harald Oppitz ( KNA )

"Die Welt nimmt uns einfach mit den kirchlichen Argumenten nicht wahr." Genauso überfällig sei die Frage der Ämter in der Kirche, so Neher weiter. Er wisse allerdings, "dass das weltweit nicht in der gleichen Brisanz wahrgenommen wird". Andererseits halte es die Kirche seiner Ansicht nach aus, "wenn nicht alles in allen Teilen der Welt gleich behandelt wird". So gebe es bereits verheiratete katholische Pfarrer: Wenn ein evangelischer verheirateter Pfarrer katholisch werde, bleibe er selbstverständlich verheiratet. "Und auch in den mit Rom unierten Ostkirchen sind die Pfarrer verheiratet."

Auf die Frage, ob auch Frauen Zugang zum Priesteramt erhalten sollten, antwortete Neher: "Ich denke, dass das ein dringendes Thema ist. Es ist aber nicht damit getan, nur Frauen das Amt zu übertragen. Wir müssen das Amtsverständnis diskutieren. Die Philosophie muss heißen, weg von der Selbstbezogenheit und den Machtverhältnissen des Apparates, hin zu den Gläubigen."

Die Sexualmoral, das priesterliche Leben oder die Rolle von Frauen in der katholischen Kirche sind auch Themen des Synodalen Wegs, dem von den deutschen Bischöfen und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken initiierten Reformdialog. Ende des Monats findet die nächste Synodalversammlung in Frankfurt statt. Neher ist Mitglied dieses Gremiums.

Caritas will Arbeit in Afghanistan fortsetzen

Die Caritas will ihre Arbeit in Afghanistan fortsetzen. "18 Millionen Menschen gelten als vom Hunger bedroht, drei Millionen Kinder als mangelernährt", sagte der Caritas-Präsident. "Die Afghanen brauchen Hilfe." Von zwölf Projekten ruhten derzeit allerdings zehn, "weil die finanziellen Mittel fehlen", erläuterte Neher. "Die Banken öffnen erst peu a peu wieder." An zwei Projekten werde weitergearbeitet. "Das eine ist eine orthopädische Werkstatt, wo orthopädische Hilfsmittel hergestellt werden. Das andere ist ein Projekt für Tuberkulose- und Leprakranke."

Den Abzug der westlichen Truppen aus dem Land nannte Neher ein politisches Desaster, das auch der Bundestag aufarbeiten müsse. "Aber auch wir lagen falsch. Ich hatte Anfang Juli ein langes Gespräch mit unserem Büroleiter in Kabul. Er war weit davon entfernt zu sagen, es könne mit den Taliban jetzt schnell gehen."

Mit Angela Merkel kann man Klartext reden

Neher schätzt den Austausch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (67). "Sie war immer sehr gut vorbereitet und hatte ein hohes Detailwissen. Das hat mich beeindruckt." Alle anderthalb Jahre habe es ein Treffen zwischen den großen Wohlfahrtsverbänden und Merkel gegeben, erläuterte der Caritas-Chef.

"Sie müssen sich das so vorstellen, dass so ein Termin intensiv mit dem Kanzleramt vorbereitet wird. Die Themen werden abgestimmt. Beim eigentlichen Termin konnten wir zu den Problemen einen kurzen Impuls vortragen und Frau Merkel hat darauf geantwortet." Dabei sei die Kanzlerin "unprätentiös und ohne Schnörkel" aufgetreten, so Neher. "Man kann mit ihr Klartext reden."


Quelle:
KNA
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