Krankenschwestern mit einem konfessionellen Arbeitgeber müssen im Dienst ihr Kopftuch abnehmen. Das hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschieden und die Klage einer 36-jährigen Muslimin aus Bochum abgewiesen. Die Richter verwiesen den Fall jedoch zurück an das Landesarbeitsgericht Hamm, weil für sie unklar war, ob die Klinik wirklich eine kirchliche Einrichtung ist.
Die Frau hatte bei einem Krankenhaus in evangelischer Trägerschaft gearbeitet und nach einer längeren Jobpause beschlossen, bei der Arbeit - anders als zuvor - Kopftuch zu tragen. Die Klinik verbot ihr das islamische Symbol und stellte sie im Jahr 2010 frei. Daraufhin forderte die Frau ihren ausstehenden Lohn ein - erhielt vom Gericht aber kein Recht.
Obwohl das Arbeitsgericht Bochum der Frau recht gegeben hatte, hatte das Landesarbeitsgericht Hamm das Urteil anschließend kassiert. Die Juristen begründeten das Kopftuchverbot unter anderem mit den Vorgaben des Arbeitsvertrags - zudem war die Krankenschwester erst im Lauf ihrer Beschäftigung zum Islam konvertiert.
Sonderstatus im Arbeitsrecht
Der Anwalt der Klägerin hatte vor Gericht auf deren Glaubensfreiheit gepocht. "Die Religionsfreiheit überwiegt hier das Weisungsrecht des kirchlichen Arbeitgebers", so Abdullah Emili. Dem folgten die Richter nicht, sondern schlossen sich den Argumenten der Gegenseite an. Die Klinik verlangt von ihren nicht-christlichen Mitarbeitern im Dienst Neutralität. "Sie dürfen sich nicht offen zu einem anderen Glauben bekennen", erklärt der Anwalt der Klinik, Sascha Leese.
Kirchen haben einen Sonderstatus im Arbeitsrecht. Das Bundesverfassungsrecht billigte ihnen 1985 das Recht zu, Arbeitsverhältnisse nach ihrem Selbstverständnis zu regeln. Auf dieses Selbststimmungsrecht gehen auch gewisse Loyalitätspflichten für Arbeitnehmer in kirchlichen Einrichtungen zurück. Sie können zum Beispiel bei Kirchenaustritt ihren Job verlieren. Problematisch können für Katholiken auch Scheidung oder Wiederheirat sein.
Kopftuchverbot bei Lehrerinnen
In der Vergangenheit haben Gerichte bereits mehrfach über Kopftuchverbote bei nicht-kirchlichen Arbeitgebern entschieden. So wies das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am 21. August 2003 einen Kaufhaus-Betreiber in seine Schranken (AZ: 1 BvR 792/03).
Dieser hatte eine muslimische Verkäuferin in der Parfümerieabteilung gekündigt, weil sie ihr Kopftuch während der Arbeitszeit nicht ablegen wollte. Das Bundesverfassungsgericht gab der Frau recht. Der Kaufhaus-Betreiber habe nicht ausreichend klargemacht, wieso es zu "betrieblichen Störungen oder wirtschaftlichen Nachteilen" kommen könne.
Bei Lehrerinnen kann dagegen ein Kopftuchverbot gelten. So hielt das BAG in einem Urteil vom 10. Dezember 2012 die Abmahnung und Kündigung einer Lehrerin aus Nordrhein-Westfalen für rechtens, die nur mit Kopftuch unterrichten wollte (AZ: 2 AZR 55/09). Das BAG entschied, dass Lehrer zur Neutralität verpflichtet seien. In einem weiteren Verfahren vom 20. August 2009 (AZ: 2 AZR 499/08) entschieden die Erfurter Richter, dass auch das Tragen einer Mütze nicht erlaubt sei, wenn diese "erkennbar als Ersatz für ein islamisches Kopftuch getragen wird". Beide Fälle sind derzeit beim Bundesverfassungsgericht anhängig.
Diskriminierung wegen des Glaubens
Teuer kann es für Arbeitgeber werden, wenn sie muslimische Stellenbewerberinnen wegen ihres Kopftuches ablehnen. Denn solch eine Begründung ist als Diskriminierung wegen des Glaubens anzusehen, entschied das Arbeitsgericht Berlin am 19. Oktober 2012 (AZ: 55 Ca 2426/12). Das Gericht verurteilte damit einen Zahnarzt zu einer Entschädigung in Höhe von 1.470 Euro. Er hatte eine muslimische Stellenbewerberin wegen des Wunsches, während der Arbeit ein Kopftuch zu tragen, abgelehnt. Das Tragen eines Kopftuches sei keine "Marotte", sondern "unmittelbare Ausübung der Religionsfreiheit", betonte das Gericht.