Kirchliche Schulen dürfen womöglich auf Kopfnoten verzichten

Persönlichkeit in Schulnoten messen?

Die landesweit 273 Schulen in kirchlicher Trägerschaft können zum Schuljahresende offenbar auf die Vergabe der umstrittenen Kopfnoten verzichten, ohne Sanktionen durch das NRW-Schulministerium befürchten zu müssen. Die evangelische und katholische Kirche hätten ein entsprechendes Rechtsgutachten vorgelegt. Offenbar kommt es zu dem Ergebnis, dass konfessionelle Schulen von der Schulaufsicht zur Kopfnotenvergabe nicht gezwungen werden können. Über den Inhalt des Gutachtens sei Stillschweigen vereinbart worden, so Priboschek.

 (DR)

Die drei evangelischen Landeskirchen in NRW hatten vergangene Woche angekündigt, vorerst an ihren Schulen keine Kopfnoten zu vergeben. Stattdessen sollten «verbindliche Rückmeldungen» zum Arbeits- und Sozialverhalten unter der Zeugnisrubrik «Bemerkungen» erfolgen. Aus gut informierten Kreisen in Düsseldorf verlautete, der Staatssekretär im Schulministerium Günter Winands (CDU) habe sich aufgrund des Rechtsgutachtens mit Vertretern der evangelischen Kirche bei den Kopfnoten auf einen Kompromiss verständigt.

Ministeriumssprecher Priboschek wollte weder bestätigen noch dementieren, dass es eine solche Verabredung gebe. Allerdings räumte er ein, dass das Ministerium den konfessionellen Schulen im Falle einer Kopfnoten-Verweigerung nicht mehr wie bisher mit Sanktionen drohe. Noch im April hatte Winands angekündigt, die Vergabe von Kopfnoten in katholischen und evangelischen Schulen notfalls gerichtlich durchsetzen zu wollen.

Bisher seien dem Ministerium landesweit nur sechs evangelische Schulen bekannt, die bei den letzten Halbjahreszeugnissen auf Kopfnoten verzichtet hätten, so Priboschek. Das Ministerium sei auch mit Vertretern der katholischen Kirche im Gespräch, um für deren Schulen eine Verständigung zu erreichen; eine Kompromiss-Regelung gebe es derzeit «definitiv nicht».

Die Katholische Elternschaft Deutschlands (KED) hatte die Vergabe von standardisierten Kopfnoten abgelehnt, weil es mit dem christlichen Menschenbild unvereinbar sei, «Persönlichkeit in Schulnoten zu messen». Ziffernoten zum Arbeits- und Sozialverhalten seien «pädagogisch und rechtlich fragwürdig». Die schulpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsopposition, Ute Schäfer, erklärte am Freitag, «der Widerstand der Kirchen zeigt Wirkung.» Schäfer forderte die Landesregierung auf, «ihre Kopfnotenpläne sofort einzupacken». Die Empörung an den Schulen werde immer größer.

Alleine bei der Bezirksregierung Münster seien bereits 800 Widersprüche von Schülern gegen ihre Kopfnoten eingegangen. Vor dem Düsseldorfer Landtag demonstrierten am Freitag nach Polizeiangaben etwa 3.000 Schüler für die Abschaffung der Kopfnoten.