Kirchlicher Experte sieht tiefe EU-Krise

"Europa - wohin?"

Die EU befindet sich aus Sicht der EU-Bischofskommission COMECE in einer fundamentalen Krise. Obwohl es vielen Menschen gut gehe, hätten sie Angst, ihren Wohlstand zu verliere. Das Misstrauen gegenüber der EU wachse.

 (DR)

Die Zukunft des Staatenbundes und die Akzeptanz der Bürger hänge davon ab, ob das europäische Projekt mit neuem Sinn gefüllt werde, sagte COMECE-Vize-Generalsekretär Michael Kuhn bei einer internationalen Konferenz in Wien. Noch bis Freitag diskutieren dort Experten aus Kirche und Politik zur Frage "Europa - wohin? Herausforderungen für Kirche und Gesellschaft".

Wachsendes Misstrauen gegenüber der EU

Eine der Ursachen für ein wachsendes Misstrauen der Menschen gegenüber der EU sei das diffuse Gefühl, "an einer Epochenschwelle zu leben, einer Veränderung unterworfen zu sein, die man nicht mehr in der Hand hat und steuern kann", so Kuhn. Obwohl es vielen Menschen besser gehe als je zuvor, befürchteten sie, ihren wirtschaftlichen Wohlstand und den damit erworbenen sozialen Status wieder zu verlieren.

Diese Angst, so der COMECE-Vertreter, präge auch die Wahrnehmung der Europäischen Union. Denn "war sie nicht angetreten mit dem Versprechen von Wachstum und Wohlstand?" In der Wahrnehmung vieler Menschen sei die EU nicht mehr imstande, dieses Versprechen einzulösen.

Wider die Digitalisierung der Arbeitswelt

Kuhn plädierte für energische Schritte zur Weiterentwicklung des europäischen Projekts. So bedürfe eine europäische Währungsunion auch einer koordinierten europäischen Wirtschafts-, Finanz- und Budgetpolitik. Dabei sei weiter unklar, "wie so unterschiedliche Volkswirtschaften wie die Deutschlands und Griechenlands unter einen Hut zu bekommen" seien.

Nach seiner Einschätzung braucht es zudem eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik aller EU-Mitgliedstaaten. Eine "Industrielle Revolution" durch Robotisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt werde viele, auch hochwertige Arbeitsplätze gefährden. Hier erscheine es wenig sinnvoll, gebetsmühlenartig von Wachstum und Jobs zu sprechen, erläuterte der COMECE-Vertreter.


Michael Kuhn / © katholisch.at
Michael Kuhn / © katholisch.at
Quelle:
KNA