"In diesem Buch versuche ich zu erzählen, was mich in der jeweiligen Lebensphase Bonhoeffers auch heute persönlich noch so fasziniert", sagt Klaus Pfeffer im domradio.de Interview. "Mich begeistert an ihm, dass ihm immer sehr wichtig war, den christlichen Glauben auf die eigene Lebensbiografie und auf die Ereignisse, mit denen er in seiner Geschichte und in der Geschichte Deutschlands konfrontiert war, zu beziehen". Das, so erzählt Pfeffer weiter, sei ihm in seiner Geschichte als Priester und Theologe auch immer wichtig, denn "Glaube muss etwas mit dem Leben zu tun haben". Das Leben und Werk Bonhoeffers fasziniert den Generalvikar im Ruhrbistum Essen, weil es in vielen Lebensfacetten mit seinem Leben und seinen Fragen zu tun hat. Wie Dietrich Bonhoeffer kam auch Pfeffer eher aus dem Leben zur Theologie. Er arbeitete zunächst als Journalist, bevor er endgültig beschloss, Priester zu werden. "Das war für mich nicht ganz einfach, aus so einer journalistischen Welt zu kommen und dann plötzlich in die Enge eines Priesterseminars – da hatte ich schon auch zu kämpfen. Und so war es bei Bonhoeffer ja auch". Und dann zitiert Pfeffer einen Bonhoeffer Biografen, der geschrieben hat, "dass die meisten Theologen aus kirchlichen Gefilden kommen, um von da aus die Welt zu entdecken. Bei Bonhoeffer war es genau umgekehrt. Er kommt aus der Welt, um dann auch erst einmal die Kirche zu entdecken".
"Es ist schwierig, jungen Leuten zu vermitteln, woran wir glauben"
Bonhoeffer geht in die Welt. Er lebt in Spanien, arbeitet als Seelsorger in Amerika und kommt dann nach Berlin. Dort ist er erschrocken, dass die Jugendlichen im armen Stadtteil Wedding nichts über die Kirche wissen und auch nichts wissen wollen. "In einem Brief schreibt er dann auch: Es sei schwierig, jungen Leuten zu vermitteln, woran wir glauben". Pfeffer erkennt hier viele Parallelen zur Situation der Kirche in unserer Zeit. "Wir sind so unter uns - in Kreisen, wo wir von lauter Menschen umgeben sind, die alle irgendwie mit Kirche aufgewachsen sind. Wir nehmen gar nicht mehr wahr, dass in unserer Gesellschaft eine immer größer werdende Mehrheit, das gar nicht mehr teilt, das gar nicht mehr kennt und versteht und uns Kirchenleute für skurril, komisch und eigenartig hält", sagt Pfeffer. Von Bonhoeffers Erfahrungen im Berlin der dreißiger Jahre können wir heute lernen, ist der Generalvikar im Ruhrbistum Essen überzeugt. Und da gehe es immer zuerst darum, den Menschen zu begegnen, ihm zuzuhören, seine Fragen zu verstehen.
Liebe macht Theologie möglich
Ein anderes Kapitel in Bonhoeffers Leben fasziniert Klaus Pfeffer ebenso. Kurz vor seiner Verhaftung durch die Nazis verliebte sich der Widerstandskämpfer. Diese berührende Liebesbeziehung ist in inzwischen veröffentlichten Briefen aus der Gestapo Haft dokumentiert und als "Brautbriefe" veröffentlicht worden. "Bonhoeffer war ein sehr vom Kopf bestimmter Mensch, von seinen Freunden wird er als etwas distanziert charakterisiert", weiß Pfeffer. "Aus seinen Briefen spricht nun eine neue Lebendigkeit und auch seine Theologie entwickelt er aufgrund dieser Beziehungserfahrung noch einmal weiter – läßt sie viel menschlicher werden". Theologie wird lebendig - bei Bonhoeffer auch durch seine Liebesbeziehung. Für Klaus Pfeffer ist das eine Anfrage an sein eigenes Leben. Er lebt als Priester in Ehelosigkeit und sagt: "Für mich als Theologe ist es entscheidend, dass ich nicht nur im luftleeren, isolierten, einsamen Kämmerlein Theologie betreibe, sondern dass der intensive Austausch, Beziehungen dazugehören und mich dann auch in der Theologie verändern und bereichern können". In seinem letzten Brief vor seiner Ermordung durch die Nazis schreibt Bonhoeffer: ´Ich möchte glauben lernen´. "Und dann beschreibt er, was er damit meint", erzählt Klaus Pfeffer, "es kommt nicht darauf an, etwas Besonderes und Großes zu werden, sondern dass es darauf ankommt schlicht und ergreifend in der Diesseitigkeit des Lebens zu leben – in all den Ratlosigkeiten, in den Höhen und Tiefen, die das Leben so hat und sich in dieser Situation des Lebens Gott hinzugeben, sich ihm zu überlassen, ihm – so würde ich das formulieren – abgrundlos zu vertrauen".