Ärztekammerchef fordert Lehren aus der Corona-Krise

"Kliniken müssen Patienten dienen, nicht Profit"

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, fordert, gleich mehrere Lehren aus der Corona-Krise für das deutsche Gesundheitssystem zu ziehen. Krankenhäuser müssten vor allem dem Patienten dienen, nicht dem Profit.

Ärztekammer: Lehren aus Corona-Krise ziehen / © Claudio Furlan (dpa)
Ärztekammer: Lehren aus Corona-Krise ziehen / © Claudio Furlan ( dpa )

"Kliniken sind Einrichtungen der Daseinsfürsorge und keine Industriebetriebe, die sich ausschließlich an Rentabilitätszahlen ausrichten", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Montag). "Krankenhäuser müssen den Patienten dienen, nicht dem Profit. Das sollte sich ins kollektive Gedächtnis einbrennen."

Außerdem forderte Reinhardt, die Abhängigkeit Europas bei Medikamenten und Schutzausrüstung von "Fernost" zu reduzieren und Krankenhäusern "das Vorhalten von Personal und Technik" zu finanzieren.

Gespräche über Impfpflicht zu früh

Die aktuelle Lage in der Corona-Pandemie sieht der Bundesärztekammerchef zwiespältig. Einerseits sehe es so aus, "als seien wir bei den Erstinfektionen über den Berg", sagte Reinhardt. Andererseits sei es sehr wahrscheinlich, dass "wir eine zweite Welle der Corona-Pandemie erleben werden, weil wir keine ausreichende Immunität in der Bevölkerung haben".

Dass es noch in diesem Jahr einen Impfstoff gibt, hält Reinhardt für "unwahrscheinlich". "Wir verfügen noch nicht einmal über ein wirksames Therapeutikum, welches die Krankheit heilt." Deswegen sei es auch noch zu früh, um über eine Impfpflicht zu sprechen. Diese lehnt Reinhardt im Zusammenhang mit dem Coronavirus ab.

"Wir überlassen es auch dem Einzelnen, ob er sich gegen die Influenza impfen lassen möchte. Wir sollten die Menschen davon überzeugen, sich impfen zu lassen." Aktuell sei allenfalls zu prüfen, "wen man prioritär impft".

"Auf Verhältnismäßigkeit achten"

Als "sehr ernstes Problem" bezeichnete es der Präsident der Bundesärztekammer, dass viele notwendige ärztliche Behandlungen wegen der Pandemie verschoben worden sind. "Wir müssen viel gründlicher und detaillierter abwägen und auf die Verhältnismäßigkeit aller Maßnahmen achten. Wenn wichtige Behandlungen oder auch Früherkennungsuntersuchungen nicht stattfinden, dann hat das unter Umständen schnell fatale Folgen", so Reinhardt.

So habe es zuletzt 30 Prozent weniger Herzinfarkt-Patienten gegeben, dies bedeute aber sicher nicht, dass es auch 30 Prozent weniger Herzinfarkte gegeben habe.


Quelle:
KNA