KNA-Chefredakteur zur Plakataktion gegen den Papst

Konservativer Protest

Inzwischen sind sie wieder verschwunden: Am vergangenen Wochenende noch klebten dutzende Plakate mit dem Konterfei des Papstes und Kritik an seiner Führung in Vatikannähe. Doch was steckt hinter dieser Aktion?

Papstkritisches Plakat in Rom / © Paul Haring (KNA)
Papstkritisches Plakat in Rom / © Paul Haring ( KNA )

domradio.de: Papstkritik ist ja nichts Neues. Aber papstkritische Plakate in Rom direkt in Vatikannähe, hat es so etwas schon einmal gegeben?

Ludwig Ring-Eifel (Chefredakteur der Katholischen Nachrichtenagentur): Bei papstkritischen Plakaten gibt es eine ganz lange Tradition. Übrigens wurden auch im Jahr 1980 in Köln bei dem Besuch von Papst Johannes Paul II. papstkritische Plakate gezeigt. Allerdings waren die damals eher von den politisch links Orientierten initiiert, weil sich der Papst gegen Kondome aussprach. Deshalb hat man sich damals auf Plakaten gegen den Papst kritisch geäußert. Jetzt geht es genau anders herum. In Rom sind es Plakate von konservativen Kritikern des Papstes, und das hat es bislang in dieser Form noch nicht gegeben

domradio.de: Es wird ihm vorgeworfen, er habe Kongregationen unter kommissarische Leitung gestellt, Priester entlassen, den Malteserorden und die Franziskaner der Immakulata enthauptet und Kardinäle ignoriert. Was ist an diesen Vorwürfen dran? Welche Priester hat er entlassen?

Ring-Eifel: Dass er drei Mitarbeiter der Glaubenskongregation entlassen hat, ist eine Geschichte, die in konservativen Blogs seit längerem herum geht. Tatsache ist, dass die drei Priester dort nicht mehr arbeiten und es wird gemunkelt, dass sie mit dem theologischen Kurs von Papst Franziskus nicht einverstanden waren. Eine offizielle Stellungnahme gibt es aber bislang im Vatikan nicht dazu.

Die anderen Vorwürfe sind sehr viel klarer. Papst Franziskus hatte ja den Malteserorden an die "kurze Leine" genommen. Er hat sich stark in die internen Streitigkeiten eingemischt, die es da gegeben hat und letztlich seinen Willen dort durchgesetzt.

Ähnlich auch beim Orden der Franziskaner der Immakulata. Der Orden hatte die traditionalistische, alte Messe wieder benutzt ohne dafür eine Sondergenehmigung eingeholt zu haben. Auch da hat der Papst eingegriffen und die Ordnung wieder hergestellt.

Das sind alles Dinge, die dem traditionalistischen und konservativen Flügel nicht behagen. Deswegen wurden sie zum Thema auf den Plakaten gemacht.

domradio.de: Was bedeutet es, wenn dieses Unwohlsein konservativer Kreise auf diese Art deutlich gemacht wird?

Ring-Eifel: Das hat zum einen damit zu tun, dass es kein offizielles Sprachrohr dieses Flügels mehr gibt.

Interessant ist ebenfalls, dass die vier Kardinäle, die gegen Amoris laetitia protestiert haben, auch auf dem Plakat vorkommen. Dem Papst wird vorgeworfen, er habe den Widerspruch der Kardinäle ignoriert. Außer diesen "Rentnern" traut sich niemand, offenen Widerspruch anzumelden, weil das natürlich auch für die eigene berufliche Karriere schädlich ist, wenn man sich gegen den herrschenden Kurs ausspricht. Unter konservativen Päpsten galt das für liberale Theologen - und jetzt gilt es umgekehrt für die Konservativen oder traditionalistisch Ausgerichteten.

Ein Seitenwechsel hat stattgefunden und die Konservativen sind in die Opposition gerückt und suchen sich für ihre Kritik inoffizielle Wege wie Blogs oder diese anonyme Plakataktion.

domradio.de: Heißt das, dass diese konservativen Kräfte ins Abseits gedrängt sind?

Ring-Eifel: Ins Abseits ist vielleicht ein bisschen dramatisch, aber sie sitzen im Moment nicht mehr an den Hebeln der Macht. Sie haben weder an der Kurie noch in den entscheidenden Bischofskonferenzen eine wahrnehmbare Stimme.

domradio.de: Dann dürfte den Urhebern dieser Aktion auch das gestrige Treffen von Franziskus mit Kardinal Marx und Heinrich Bedford-Strohm ein Dorn im Auge gewesen sein?

Ring-Eifel: Die kircheninternen Vorgänge sind für diese Kreise viel wichtiger als die Annährung in der Ökumene.

Das Interview führte Heike Sicconi.

 

KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel (KNA)
KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel / ( KNA )
Quelle:
DR