Koalitionspartner nähern sich in Niedriglohndebatte an - Streit um Mindestlohn geht weiter

Der Kombilohn soll es richten

Die Große Koalition hat bei der Neuregelung des Niedriglohnsektors Fortschritte erzielt. Vertreter von Union und SPD einigten sich auf ein Kombilohnmodell für junge Arbeitslose und ein Konzept des sozialen Arbeitsmarktes für 100 000 schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose. Beim Thema Mindestlöhne gibt es weiter Diskussionsbedarf.

 (DR)

Wie der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD, Klaus Brandner, am Montagabend in Berlin mitteilte, soll es beim Arbeitslosengeld II keine weiteren Leistungskürzungen geben. Auch ein Rückgriff auf Vermögen von Eltern oder Kindern sei vom Tisch. Mindestlöhne und sittenwidrige niedrige Löhne seien bei der Sitzung aber "kein Thema" gewesen. Die Koalition werde diesen Komplex in kleinerer Runde verhandeln.

Forderungen nach Mindeslohn geht durch die Parteien
Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) in der Union wirbt mit einer eigenen Unterschriftenaktion für die Einführung von Mindestlöhnen. "CDA-Gewerkschafter fordern Mindestlöhne" heißt es über dem Aufruf, wie die "Berliner Zeitung" (Dienstagausgabe) berichtet. Er sei bislang von neun CDU-Spitzenpolitikern unterzeichnet worden, darunter vier Bundestagsabgeordneten.

Der Gesetzgeber müsse "eine absolute Lohnuntergrenze festlegen", fordern die Unions-Politiker. Zudem müsse die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen so erleichtert werden, dass sie von den Arbeitgebern nicht mehr blockiert werden könne. Die CDU lehnt die Einführung von Mindestlöhnen bislang ab.

CSU-Generalsekretär Söder warnt die Union unterdessen davor, beim Thema Mindestlohn Zugeständnisse an die SPD zu machen. Über den Mindestlohn werde kein Arbeitsplatz geschaffen. "Im Gegenteil, es werden Jobs verloren gehen und die Schwarzarbeit befördert werden." Erfolgversprechender sei es, den Druck auf Arbeitslose weiter zu erhöhen, Arbeit aufzunehmen.

Scharf kritisierte Söder die Unterschriftenkampagne der SPD für die Einführung von Mindestlöhnen. Die Aktion sei widersinnig, da sie sich an das von der SPD geführte Arbeitsministerium richte, sagte Söder: "SPD-Chef Beck muss sich entscheiden, ob er Parteivorsitzender einer Regierungspartei oder einer Oppositionspartei ist."


Auch Experten uneins
Auch die "Wirtschaftsweisen" sind sich beim Thema Mindestlohn uneins. Der Leiter des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsförderung, Wolfgang Franz, hält den neuen Mindestlohn-Vorschlag von Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) für überflüssig. Dagegen befürwortet der Würzburger Ökonom Peter Bofinger einen Mindeststundenlohn von 4,50 bis 7,00 Euro.

"Eine gesetzliche Neuregelung brauchen wir wirklich nicht", sagte Franz. Unverhältnismäßig niedrige Löhne seien bereits heute sittenwidrig. Entsprechende Regelungen stünden im Gesetz über Arbeitsbedingungen aus dem Jahr 1952 sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch.

Bofinger unterstützt dagegen die Mindestlohn-Pläne Münteferings. Er schlägt vor, "bei einem Mindestlohn von 4,50 Euro pro Stunde einzusteigen und dann den Spielraum nach oben auszuloten". In Deutschland könne ein Mindestlohn von sieben Euro pro Stunde erreicht werden, ohne dass es zu negativen Beschäftigungseffekten kommt", fügte er hinzu.