Konzerte in Israel und Palästina – das ist für den Leiter des Kölner Domchores, Domkapellmeister Eberhard Metternich, etwas ganz Besonderes. Schließlich liegt die letzte Heiligland-Reise seines Ensembles fast 20 Jahre zurück. Von daher ist die Freude über die Einladung der Benediktiner, die nach anderthalbjähriger Renovierungszeit ihre Abtei auf dem Jerusalemer Zionsberg mit der Altarweihe wiedereröffnen, bei allen Sängern groß. Noch ist das Kloster rund um die Kirche, die an das erste Pfingstfest im nahen Abendmahlssaal erinnert, eine Riesenbaustelle. Aber es geht voran, und das Fest des Heiligen Benedikt von Nursia, des Ordensgründers der Benediktiner, wurde schon vor langer Zeit als Wunschtermin für die offizielle Wiederinbetriebnahme der Klosteranlage mit ihrem das Stadtbild prägenden Turm ausgegeben.
"Diese Reise bietet die Gelegenheit, dem Ursprung unserer Religion auf die Spur zu kommen und den Pilgeraspekt mit dem Auftrag, das Wort Gottes zu verkünden, miteinander zu verknüpfen", erklärt Metternich. "In einer Zeit, in der wir uns noch einmal mehr als sonst mit der Botschaft Jesu Christi auseinandersetzen, um unseren Glauben zu stärken, fördert der Besuch der Stätten, an denen Jesus gewirkt und die Menschen um sich versammelt hat, auf besonders anschauliche Weise eine große Nähe. Von daher hoffen wir auf intensive Erfahrungen und freuen uns auf die Begegnungen mit den Menschen an diesen Orten."
Aufklärung über Shoah und Antisemitismus
Das Besichtigungsprogramm hat der Deutsche Verein vom Heiligen Lande zusammengestellt, der auch das Kloster auf dem Zionsberg zusammen mit den deutschen Benediktinern unterhält. Innerhalb Jerusalems sieht es für die Gäste aus Köln zahlreiche aus der Bibel bekannte Originalschauplätze vor: unter anderem die Himmelfahrtskapelle und die Vaterunser-Kirche auf dem Ölberg, die Kapelle Dominus flevit, den Garten Getsemani mit der Kirche der Nationen, die Klagemauer sowie einen Gang über die Via Dolorosa zur Grabes- und Auferstehungskirche. Außerdem ist eine Fahrt durch das Regierungsviertel mit der Knesset und ein Besuch in der Internationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem geplant. Hier soll es um Aufklärung über die Shoah gehen und darum, die Kinder und Jugendlichen für das Thema Antisemitismus zu sensibilisieren.
"Nicht zuletzt", so Metternich, „dient das der Anregung, sich auch mit der Geschichte der eigenen Nation auseinanderzusetzen.“ An den Folgetagen macht sich die Gruppe dann auf durch die Wüste nach Jericho, zum Berg der Versuchung, zur Taufstelle Jesu am Jordan, zur Brotvermehrungskirche nach Tabgha, nach Kafarnaum, auf den Berg der Seligpreisungen und zum Baden ans Tote Meer.
Mit im Gepäck "Am Dom zo Kölle"
Das Herzstück dieser Reise aber sind für den Chor vor allem die drei Konzerte, die er in der Dormitio-Abtei – einen Tag nach der Altarweihe – und in der Universitätskirche von Bethlehem sowie in der Clairmont Concert Hall der Buchmann-Mehta School in Tel Aviv gibt. Denn beides – Bethlehem und Tel Aviv – sind Partnerstädte von Köln, so dass Chorleiter Metternich mit diesen Konzerten auch das Anliegen verbindet, diesem kulturellen Austausch zwischen Deutschland, Israel und Palästina nach längerer coronabedingter Pause wieder bewusst einen – im wahrsten Sinne des Wortes – deutlich vernehmbaren Impuls zu geben.
Passend zur Altarweihe der Benediktiner singt der Domchor die 'Missa Papae Marcelli' von Palestrina und zwei Vertonungen des 122. Psalms "Laetatus sum" – Ich freute mich, als man mir sagte, wir pilgern zum Haus des Herrn – von Darius Milhaud und von Charles Hubert Parry. "Aber auch deutsche Motetten wie ‚Verleih uns Frieden’ und ‚Richte mich, Gott’ von Mendelssohn-Bartholdy, Repertoirestücke des Chores, haben wir im Gepäck dabei sowie ‚Locus iste’ und das ‚Ave Maria’ von Anton Bruckner", erklärt Metternich. Und für den Auftritt in Tel Aviv seien zudem typisch deutsche Volkslieder mit in der Auswahl bzw. "Am Dom zo Kölle" als der Kölner Dom-Song schlechthin. "Dieser Hit darf einfach nicht fehlen und hat schon so manches Mal Brücken zwischen den unterschiedlichsten Kulturen und Religionen geschlagen", schmunzelt der Leiter der Kölner Dommusik.
Einblicke in die jüdisch-deutsche Geschichte
Ein eher ungewöhnliches Highlight gibt es abschließend für die Knaben und Herren des Domchores außerdem noch in einem Tel Aviver Kochstudio. Der gebürtige Kölner Rechtsanwalt und Hobbykoch Tom Franz, der 2004 nach Israel ausgewandert und dort die Tochter einer Holocaust-Überlebenden geheiratet hat, nahm 2013 in seiner Wahlheimat an dem TV-Format "Masterchef" teil, gewann das Finale und wurde zum Medienstar. Dieser Erfolg machte ihn zu einem "kulinarischen Botschafter" und "Brückenbauer" zwischen Israel und Deutschland.
Bei ihrem Treffen in Tel Aviv will Tom Franz den elf- bis 25-jährigen Sängern aber nicht nur Einblicke in die landesübliche Kulinarik, sondern vor allem auch in die jüdisch-deutsche Geschichte und den jüdischen Glauben geben. Denn wie immer ist eine Konzertreise der Kölner Dommusik eine Mischung aus ganz viel Unterschiedlichem: aus Kulturerlebnissen, Gesangsauftritten, Gemeinschaftserfahrung – und vor allem viel Spaß.