Kölner Dompropst sieht Ramadangebet-Idee im Dom kritisch

"Ich würde dem nicht zustimmen"

Ein muslimisches Gebet während des Ramadans im Kölner Dom? Das war vor 59 Jahren mal möglich. Da haben rund 2.000 türkische Gastarbeiter in der Kathedrale gebetet. Der Kölner Dompropst Guido Assmann würde nun anders entscheiden.

Blick auf den Kölner Dom / © Guenter Albers (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © Guenter Albers ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Das Gebet hatte damals in einer Ecke im Kölner Dom stattgefunden, weil es in der Stadt für die etwa 2.000 Gastarbeiter noch keine eigene Moschee gab. War das damals reiner Pragmatismus oder ein großartiges Zeichen von Toleranz und Willkommenskultur? 

Guido Assmann / © Harald Oppitz (KNA)
Guido Assmann / © Harald Oppitz ( KNA )

Monsignore Guido Assmann (Kölner Generalvikar und Dompropst im Kölner Dom): Es gibt gar nicht so viele Zeugnisse über dieses Gebet. Es gibt zwei Fotos, die in einer Kölner Tageszeitung abgedruckt waren und jetzt in unserem Archiv als Kopie aufbewahrt werden. Sie zeigen wie muslimische Menschen im Kölner Dom beten. 

Auch in den Akten des Domkapitels steht gar nicht so viel darüber drin. Nachdem, was uns überliefert wurde, war es wohl eine spontane Entscheidung. Es gab einen Anruf, in dem es hieß, dass in den Kölner Ford-Werken 2.000 muslimische Gastarbeiter beschäftigt sind, die im Ramadan beten möchten, dafür aber keinen Raum haben. 

Guido Assmann

"Ich denke, das war sehr spontan und aus einem guten Herzen heraus, etwas Gutes tun zu wollen."

Ein Geistlicher am Dom hat dann wohl gesagt, dass man dies im Dom machen könne, ohne aber mit dem Domkapitel oder mit dem Dompropst gesprochen zu haben. So ist es dann dazu gekommen. Ich denke, das war sehr spontan und aus einem guten Herzen heraus, etwas Gutes tun zu wollen. 

DOMRADIO.DE: Es war also die einsame Entscheidung eines Einzelnen, der am Kölner Dom eigentlich nicht viel zu sagen hatte?

Assmann: Es scheint so gewesen zu sein. Aber das Domkapitel hat im Nachhinein gesagt, dass man den Initiator nicht hängen lassen wollte und hinter der Entscheidung steht. Aber beim nächsten Mal müsste man vorher darüber sprechen. 

DOMRADIO.DE: Gut 40 Jahre nach diesem Ramadan-Gebet im Kölner Dom war es wieder mal ein Thema. Das Erzbistum Köln hat im Jahr 2006 multireligiöse Feiern an Schulen verboten. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün forderte daraufhin als Verständigungsgeste wieder ein Ramadan-Gebet im Kölner Dom. Das Domkapitel lehnte daraufhin ab. Der damalige Dompropst Norbert Feldhoff, einer ihrer Vorgänger, nannte die Forderung eine "absurde Vorstellung". Ist es das? 

Islamischer Fastenmonat Ramadan

Für Muslime ist das Fasten, das jeweils im neunten Monat des islamischen Mondjahres stattfindet, eine der fünf Säulen ihrer Religion neben dem Pilgern nach Mekka, den täglichen Gebetszeiten, dem Glaubensbekenntnis zu Allah als einzigem Gott und dem Almosengeben. Auf das Ende des Ramadan folgt das dreitägige Fest des Fastenbrechens, arabisch 'Id al Fitr.

Viele gläubige Muslime verzichten im Fastenmonat Ramadan für vier Wochen tagsüber auf Genussmittel, Essen und Trinken / © Drazen Zigic (shutterstock)
Viele gläubige Muslime verzichten im Fastenmonat Ramadan für vier Wochen tagsüber auf Genussmittel, Essen und Trinken / © Drazen Zigic ( shutterstock )

Assmann: Ich schätze Norbert Feldhoff als meinen Vorgänger wirklich sehr und auch seinen Rat. Aber ich würde es heute anders formulieren. Eine katholische Kirche ist ein dem dreifaltigen Gott geweihter Raum und nicht nur eine Versammlungsfläche. Insofern ist auch die Kirche selbst schon als Gebäude und als geweihter Raum ein Bekenntnis für den dreifaltigen Gott. 

Ein Mensch, der muslimischer Überzeugung ist, hätte damit schon ein Problem, dass es einen Gott gibt, der mit Jesus Christus einen Sohn hat, der uns Menschen im Heiligen Geist bekräftigt und bestärkt. Auch damit, dass er selbstverständlich in einer christlichen Kirche wie auch dem Kölner Dom Kreuze sieht, in dem Jesus Christus als Sohn Gottes verehrt wird.

Es würde daher Muslimen heute auch schwerfallen, in einem solchen Raum zu beten. Ich glaube, da gibt es auch im katholischen Eigentum viele andere Räume, wo wir gute Begegnungen machen könnten. 

DOMRADIO.DE: Das wäre die Perspektive der Muslime. Aber wären Sie aus Ihrer Sicht offen dafür? 

Assmann: Nein, ich würde dem aus gleichem Grund auch nicht zustimmen. Wir verehren den dreifaltigen Gott, Muslime verehren einen Gott. Das ist eine Gemeinsamkeit, dass wir einen Gott verehren und nicht mehrere Götter. 

Guido Assmann

"Den Raum für eine Religionsgemeinschaft zur Verfügung zu stellen, die den Kern unseres Glaubens nicht mitträgt und sogar ablehnt, würde eigentlich nicht passen."

Muslime lehnen aber aus ihrem Selbstverständnis ab, dass sich Gott uns in Jesus Christus, seinem Sohn, geoffenbart hat. Den Raum für eine Religionsgemeinschaft zur Verfügung zu stellen, die den Kern unseres Glaubens nicht mitträgt und sogar ablehnt, würde eigentlich nicht passen. 

DOMRADIO.DE: Nun heißt es für bestimmte muslimische Gruppen, dass Räume, in denen sie mal gebetet haben, in ihr Eigentum übergehen. Demnach wäre der Kölner Dom nun eine Moschee. Wie sehen Sie das? 

Assmann: Ich habe von dieser Überzeugung manch gläubiger Menschen schon gehört. Das ist natürlich nicht im rechtlichen Sinne ein Eigentum. Aber den Ort, an dem Muslime einmal gebetet haben, als Ort der Gottesverehrung zu sehen, habe ich schon gehört. 

Guido Assmann

"Wenn dort einer ein persönliches Gebet spricht, wird das niemandem verweigert."

Ich bin aber weiter überzeugt, dass der Kölner Dom von Christen als Ort gebaut worden ist, um den dreifaltigen Gott zu verehren. Wir haben von morgens bis abends alle Türen offenstehen. Jeder ist im Dom herzlich willkommen. Wenn dort einer ein persönliches Gebet spricht, wird das niemandem verweigert. Wir laden ein, den dreifaltigen Gott zu verehren, der uns in Jesus Christus begegnet ist, Mensch geworden ist und damit ein persönlicher Gott ist, den wir wirklich ansprechen können. 

DOMRADIO.DE: In den vergangenen Jahrzehnten hat sich in Köln viel getan. In Köln gibt es 45 Moscheen für etwa 120.000 Muslime und Musliminnen. Zum Fastenmonat Ramadan gibt es in einigen Straßen Kölns eine Beleuchtung, die in ihrer Art an die Adventsbeleuchtung erinnert. Welche Zeichen der Verständigung zwischen den Religionen könnten heute noch gesetzt werden? 

Assmann: Ich finde es auf jeden Fall sehr begrüßenswert, dass alle Religionsgemeinschaften die Möglichkeiten haben, eigene Gotteshäuser zu errichten. Religionsfreiheit ist ein ganz hohes Gut, dass in unserer Verfassung grundgelegt ist. 

Das Zweite Vatikanische Konzil war damals, als das Gebet hier stattgefunden hat, gerade in aller Munde und lief auch noch. Es wurde damals über verschiedene Religionen gesprochen, es wurde eine neue Sichtweise auf verschiedene Religionen gelegt. Das war eine neue Erkenntnis. 

Wichtig ist es auch, viele Gespräche zu führen. Es gibt interreligiöse Gespräche auch zwischen der katholischen Kirche und Islamverbänden. Es gibt in vielen Städten "runde Tische der Religionen". Das sind ganz wichtige Dinge, um gemeinsam zu überlegen, wie wir unsere Gesellschaft mit verschiedener Weltanschauung religiöser Art mitgestalten können.

Wie können wir uns für ein gutes Zusammenleben aller Menschen einsetzen und auch dafür einsetzen, dass Religionsfreiheit in unserem Land geschützt wird? Es ist auch wichtig zu überlegen, wie wir mit dazu beitragen können, dass Religionsfreiheit auch in anderen Ländern gelebt werden kann. 

Das Interview führte Tobias Fricke. 

Kölner Dom

Blick auf den Kölner Dom / © BalkansCat (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © BalkansCat ( shutterstock )

Der Kölner Dom ist eine der bedeutendsten Kirchen der Welt und die meistbesuchte Sehenswürdigkeit in Deutschland. Das Gotteshaus beherbergt die Reliquien der Heiligen Drei Könige, die Erzbischof Rainald von Dassel 1164 aus Mailand nach Köln brachte.

Der Grundstein für den gotischen Neubau an der Stelle mehrerer Vorgängerkirchen wurde 1248 gelegt; 1322 wurde der Chor geweiht. Mittelschiff, Querhäuser und Seitenschiffe der Kölner Bischofskirche folgten bis 1560. Dann stoppten die Querelen um die Reformation und Geldmangel den Baubetrieb.

Quelle:
DR