Kölner Domschatzkammer zeigt Werke von Käthe Kollwitz

Tod und Abschied unter Kriegs-Eindruck

Zeit ihres Lebens beschäftigten Käthe Kollwitz Tod, Verlust und Abschied sowie die Kriegserfahrungen. Eine kleine Auswahl ihrer Werke ist nun in der Kölner Domschatzkammer zu sehen - und stellt dabei aktuelle Bezüge her.

Autor/in:
Annika Schmitz
Käthe Kollwitz, Pietà, Kreide- und Pinsellithografie mit Schabnadel im Zeichenstein, 1903. Käthe Kollwitz Museum Köln. (KKMK)
Käthe Kollwitz, Pietà, Kreide- und Pinsellithografie mit Schabnadel im Zeichenstein, 1903. Käthe Kollwitz Museum Köln. / ( KKMK )

Eine Mutter, die sich schützend vor Bomben über ihr Kind wirft; eine Frau, die ihren toten Sohn im Arm hält: Die Kölner Domschatzkammer zeigt ab Donnerstag eine kleine, aber eindrückliche Auswahl von Werken der Künstlerin Käthe Kollwitz (1867-1945).

Insgesamt zehn Zeichnungen, Druckgrafiken und Plastiken befassen sich mit Abschied, Tod und Verlust. Besonders vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine regt die Schau, die in Kooperation mit dem Käthe Kollwitz Museum in Köln entstanden ist, zum Nachdenken an.

Gewisse Nähe und Berührungspunkte zur sakralen Kunst

Dass Kollwitz, die selbst keine dezidiert religiösen Darstellungen geschaffen hat, in der Domschatzkammer mit ihren sakralen Ausstellungsgegenständen gastiert, bezeichnet Einrichtungsleiterin Leonie Becks als spannende Gegenüberstellung. Wenn auch nicht auf den ersten Blick erkennbar, so gebe es durchaus eine gewisse Nähe und Berührungspunkte zur sakralen Kunst.

Deutlich wird dies an den christlichen Bildmotiven, derer sich Kollwitz bedient - dann aber aus einem religiösen Kontext in einen weltlichen Zusammenhang übersetzt. Es sind besonders zwei Motive, um die die bis 10. September dauernde Schau kreist: Die der Pieta, also die Darstellung der Mutter Gottes mit dem Leichnam Jesu im Arm, und die der Schutzmantelmadonna.

Kollwitz setzte sich mit Krieg, Armut und Tod auseinander

Kollwitz, 1867 in Königsberg geboren, setzte sich zeit ihres Lebens mit Krieg, Armut und Tod auseinander, aber auch mit Liebe und Geborgenheit. 1908 erkrankte ihr Sohn Hans lebensbedrohlich an Diphtherie, 1914 fiel ihr Sohn Peter im Alter von 18 Jahren als Soldat im Ersten Weltkrieg. Die Nationalsozialisten beschlagnahmten viele ihrer Werke als "entartete Kunst". Kollwitz starb am 22. April 1945 und damit gut zwei Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs im sächsischen Moritzburg.

Käthe Kollwitz, Frau mit totem Kind, 1903, Strichätzung, Kaltnadel, Schmirgel und Vernis mou mit Durchdruck von geripptem Büttenpapier und Zieglerschem Umdruckpapier. Käthe Kollwitz Museum Köln.

 (KKMK)
Käthe Kollwitz, Frau mit totem Kind, 1903, Strichätzung, Kaltnadel, Schmirgel und Vernis mou mit Durchdruck von geripptem Büttenpapier und Zieglerschem Umdruckpapier. Käthe Kollwitz Museum Köln. / ( KKMK )

Vor dem Hintergrund ihrer Lebensgeschichte lassen sich die Ausstellungswerke - entstanden zwischen 1903 und 1941 - auch als persönliche Auseinandersetzung mit Verlusterfahrungen lesen. So ist eine Bronzeplastik, an der sie von 1937 bis 1939 arbeitete, mit Pieta betitelt. Eine Mutter, den Kopf geneigt, die rechte Hand nachdenklich vor den Mund gestützt, hält ihren toten Sohn im Arm. Ihre linke Hand berührt zärtlich die toten Finger des Sohnes, der Verstorbene schmiegt sich in Arme der Mutter. Die Figur zählt zu den bekanntesten Werken von Kollwitz. Eine vierfach vergrößerte Kopie erinnert in der Zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland in der Berliner "Neuen Wache" an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. 

In der Kohlezeichnung "Abschied" von 1910 klammert sich die Mutter an den Sohn, der nach oben gezogen wird. Bei "Tod und Jüngling, aufschwebend" von 1922/23, das mit schwarzer Kreide gezeichnet ist, erinnert der schwebende Tote mit seinen nach hinten ausgebreiteten Armen an eine Kreuzesdarstellung. Entstanden ist das Werk um den Geburtstag ihres gefallenen Sohnes Peter.

"Verarbeitung dieses Todes beschäftigt sie ein Leben lang"

"Die Verarbeitung dieses Todes beschäftigt sie ein Leben lang", so Katharina Koselleck, Direktorin des Käthe Kollwitz Museums. Davon spricht auch die Bronze "Klage". Eine Hand stützt den Kopf und verdeckt ein Auge des Frauengesichts, die andere Hand verdeckt den Mund - auch eine Anspielung auf den Nationalsozialismus.

Angesichts des Ukraine-Krieges besonders eindrücklich: drei Werke, die das Motiv der Schutzmantelmadonna aufgreifen. Ein Reliefpaar von 1941 zeigt eine verängstigte Mutter, die ihr Kind mit dem ganzen Körper schützt. Und auf einer Pinselzeichnung von 1924/25 wirft sich eine Mutter schützend vor den Fliegerbomben über ihr Kind. Die Augen der Frau sind vor Angst weit aufgerissen. Ob das Kind noch lebt, ist ungewiss.

Käthe Kollwitz Museum beherbergt größte Sammlung

Das Kölner Käthe Kollwitz Museum, das die größte Sammlung von Werken der Künstlerin beherbergt, wird derzeit renoviert. In drei Ausstellungen werden Teile der Sammlung daher in anderen Kölner Museen gezeigt: Neben der Schau in der Domschatzkammer läuft bis 3. Juni eine Präsentation im Museum Ludwig, ab Herbst ist Kollwitz zu Gast im Wallraf-Richartz-Museum. Dort begegnet sie ihren Vorbildern Max Klinger und Max Liebermann, während sie sich im Ludwig vor allem in Selbstbildnissen zeigt.

Schatzkammer Kölner Dom

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Die Domschatzkammer beherbergt kostbare Reliquiare, liturgische Geräte, Handschriften, Gewänder und Insignien der Erzbischöfe und Domgeistlichen vom 4. bis ins 20. Jahrhundert. Der Domschatz, dessen Anfänge schon für das 9. Jahrhundert bezeugt sind präsentiert sich in den ausgebauten historischen Kellergewölben des 13. Jahrhunderts an der Nordseite des Kölner Domes. (Domschatzkammer)

 

Quelle:
KNA