domradio.de: Die katholische Kirche hat heute die "Zahlen des kirchlichen Lebens" für das Jahr 2016 herausgegeben. Jedes Bistum schaut dabei auch auf die eigenen Statistik. Zunächst einmal die guten Nachrichten für das Erzbistum Köln: Die Zahl der Taufen ist im Jahr 2016 leicht gestiegen. Hat Sie das überrascht?
Dr. Dominik Meiering (Kölner Generalvikar): Das ist in der Tat eine erfreuliche Nachricht. Wahrscheinlich liegt das an einer gestiegenen Geburtenrate in unserem Land. Man kann nur hoffen, dass die Zahl der Geburten und die Zahl der Taufen weiterhin steigen.
domradio.de: Die Zahl der Kirchenaustritte liegt auf dem niedrigsten Stand seit 2012. Heißt das, die Kirche hat die großen Krisenjahre, die durch die Missbrauchsskandale oder die Causa Tebartz-van Elst entstanden sind, überwunden?
Meiering: Sie ist immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Aber, es ist in der Tat zumindest Hoffnung weckend, dass die Zahlen nicht steigen, sondern leicht abnehmen.
domradio.de: Zum ersten Mal ist die Zahl der Katholiken im Erzbistum Köln unter zwei Millionen gefallen. Es heißt, das habe auch mit dem demografischen Wandel zu tun. Inwiefern?
Meiering: Es gibt immer mehr alte Menschen in unserem Land. Deshalb sorgt der demografische Wandel wesentlich für die sinkende Zahl der Katholiken.
domradio.de: Nur knapp zehn Prozent der Katholiken geht am Sonntag in die Kirche. Diese Zahl kann nur eine echte Herausforderung sein, oder?
Meiering: In der Tat. Uns stimmt nachdenklich, dass sich viele Menschen noch kirchlich sehr verbunden fühlen, aber die Eucharistiefeier nicht mehr als Quelle und Mittelpunkt des Sonntags begreifen. Hier haben wir eine Vermittlungsherausforderung und auch die Herausforderung, das Angebot so zu gestalten, dass Menschen sich davon angezogen fühlen.
domradio.de: Das Erzbistum Köln hat reagiert und macht sich auf den Weg, den "pastoralen Zukunftsweg". Können Sie sagen, wie der aussieht?
Meiering: Es geht nicht nur, ein paar Rädchen der Struktur zu drehen, um Kirche wieder neu in das Bewusstsein der Menschen und in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. Es kommt darauf an, dass wir uns innerlich aufmachen, neu aufbrechen. Dazu hat Kardinal Woelki eingeladen, sich Gedanken zu machen, wie Kirche in der Zukunft miteinander gelebt werden kann. Er lädt ein, da mitzumachen und mitzudenken.
domradio.de: Wichtig ist, dass man die frohe Botschaft auch froh verkündet. Also raus auf die Marktplätze und rein in die Internetforen, ein gutes Beispiel geben und die frohe Botschaft froh verkünden. Inwiefern kann sich das jeder einzelne Katholik auch zu Herzen nehmen?
Meiering: Die Menschen lassen sich vielleicht ein bisschen von domradio.de überzeugen. Aber viel wichtiger ist der Mensch, der nebenan wohnt und sich fragt, ob man am Sonntag in die Kirche gehen soll. Oder auch der Freund, der fragt, ob man beim Mittagessen beten soll. Plötzlich wird Gott wieder gegenwärtig mitten in unserem alltäglichen Tun. Das ist der beste Ausgangspunkt, um Gott ins Gespräch zu bringen und damit auch unsere Gesellschaft lebenswürdiger und liebenswürdiger zu machen.
Das Gespräch führte Johannes Schröer.