Kölner Notschlafstelle Don-Bosco-Club ist in Finanznot

Es bleibt nur das Prinzip Hoffnung

Durch die Haushaltskürzungen der Bundesregierung fehlt dem Kölner Don-Bosco-Club Geld, um weiter für in Not geratene Jugendliche da zu sein. Notschlafstelle und sowie pädagogische Betreuung werden von zwei Mitarbeitenden betreut.

Symbolbild Jugendliche schaut traurig aus dem Fenster / © Opat Suvi (shutterstock)
Symbolbild Jugendliche schaut traurig aus dem Fenster / © Opat Suvi ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Zwischen 2.500 und 3.000 Übernachtungen verzeichnen Sie pro Jahr. Mit dem Programm "Work4You", das 2016 gestartet ist, konnten Sie 100 Jugendliche in Schule, Ausbildung oder Job vermitteln. Was sind das für Geschichten, die Sie da erlebt haben?

Matthias Marienfeld (Leiter der Notschlafstelle Don-Bosco-Club): Eine junge Frau kam zum Beispiel zu uns, die in der Ausbildung war. Bei ihr zu Hause hat es mächtig gekriselt, es gab einen Haufen Ärger. Da musste sie raus. Dann war sie eben obdachlos. Schließlich landete sie bei uns und wir konnten sie ziemlich schnell stabilisieren. 

Die Ausbildung lief weiter, dann hat sie aber irgendwann mit der Ausbildung aufgehört. Sie hatte vorher noch in einem katholischen Jugendwohnheim einen tollen Platz bekommen. Den hat sie automatisch mit Verlust der Ausbildung verloren. Dann war sie wieder bei uns. 

Das ist auch ein Phänomen, dass Jugendliche eine Stelle, die wie ein Zuhause in einer Familie ist, brauchen, wo es funktioniert. Man kann wieder zurückkommen, wenn es nicht klappt. Das können wir unter anderem anbieten. Jetzt ist die junge Frau wieder weitergereist und macht den zweiten Teil ihrer Ausbildung. 

Matthias Marienfeld

"Die Jugendlichen haben für ihre Not keine Fahrpläne"

DOMRADIO.DE: Wie aufwendig ist es denn, so ein besonderes Angebot für Jugendliche zu stemmen? 

Marienfeld: Das ist sehr personalaufwendig. Wir haben keine Zettel draußen hängen auf denen steht, dass wir von dann bis dann da sind. Die Jugendlichen haben für ihre Not keine Fahrpläne. Die sind plötzlich da. Dann muss möglichst jemand da sein, der reagieren und sie aufnehmen kann.

Wir waren bis Ende des letzten Jahres 24 Stunden, sieben Tage da, also immer. Das können wir jetzt nur noch für die Nächte und den ersten Teil vom Vormittag und den frühen Abend regeln. 

Symbolbild: Jobcenter - Agentur für Arbeit / © nitpicker (shutterstock)
Symbolbild: Jobcenter - Agentur für Arbeit / © nitpicker ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Warum hat sich das Jobcenter finanziell verabschiedet? 

Marienfeld: Wir gehen davon aus, weil wir nur einen Vertrag bis zum Ende des letzten Jahres hatten. Alles, was keine vertragliche Bindung mehr für das Jobcenter hatte, ist aufgrund der großen Kürzung aus Berlin gecancelt worden. 

DOMRADIO.DE: Wie viel Geld fehlt Ihnen jetzt? 

Marienfeld: Wir sind so ungefähr bei 80.000 bis 90.000 Euro, die uns noch helfen würden, das ganze Jahr zu stabilisieren, damit wir über die Runden kommen.

Matthias Marienfeld

"Jugendliche brauchen eine Stelle wie ein Zuhause in einer Familie, wo es funktioniert."

DOMRADIO.DE: Sie sind ein katholischer Anbieter. Haben Sie im Erzbistum Köln wegen finanzieller Unterstützung nachgehört? 

Marienfeld: Ja. Wir haben uns sofort, als wir die Nachricht vom Jobcenter bekamen, gemeldet und haben schnell eine Antwort von Weihbischof Puff bekommen. Der hat uns allerdings nur viele Netzwerk-Tipps gegeben, auch zu Einrichtungen, die aber ebenfalls zum Teil in Not sind und sich über das Jahr retten müssen. Da kam essenziell fürs Weitermachen nichts rüber. 

DOMRADIO.DE: Was bedeutet das konkret für Ihre Arbeit? 

Marienfeld: Im Moment machen wir diese morgendlichen und abendlichen Dienste zu zweit im Wechsel, immer im Drei-Tage-Block mit der Rufbereitschaft, die nachts dazu gehört. Wir haben immer einen Wach-Nachtdienst hier, der für die Jugendlichen da ist oder, wenn jemand mitten in der Nacht käme, ansprechbar ist.

Wir haben im Hintergrund immer noch eine Rufbereitschaft. Das machen wir gerade nur zu zweit. Wir hoffen, dass wir bis Mitte Februar, spätestens Anfang März, ein Mini-Team für die Nachtdienste stehen haben, die es jetzt schon gibt und für den pädagogischen Teil, damit wir den Jugendlichen auch was auf den Weg geben können.

Matthias Marienfeld

"Mit dem Prinzip Hoffnung sind wir bis jetzt ganz gut gefahren."

DOMRADIO.DE: Wie groß ist denn Ihre Hoffnung, dass Sie die finanziellen Mittel irgendwo noch auftreiben können? 

Marienfeld: Ja, das Prinzip Hoffnung trägt uns. Wir sind eine Don Bosco Einrichtung. Der hat auch oft einfach angefangen und gesagt, wenn die Sache gut ist, wird es da schon einen Weg geben. Dann wird es auch Leute geben, die mitmachen.

Mit diesem Prinzip sind wir bis jetzt ganz gut gefahren. Wir hoffen, dass die Leute sich engagieren, sicherlich finanziell, aber man kann es auch noch anders machen. 

Bild von Don Bosco in einem Raum für kirchliche Kinderbetreuung / © Stefano dal Pozzolo (KNA)
Bild von Don Bosco in einem Raum für kirchliche Kinderbetreuung / © Stefano dal Pozzolo ( KNA )

DOMRADIO.DE: Zum Beispiel?

Marienfeld: Wir haben morgens und abends die Möglichkeit, dass die jungen Leute hier bei uns essen können. Es wäre toll, wenn Leute uns bei der Essensausgabe unterstützen. Wir haben auch eine kleine Kleiderkammer und Waschmaschinen. Da braucht man auch immer Leute, die eine Begleitung machen und helfen.

Man kann auch nur einmal am Tag eine Stunde vorbeikommen, und das regelmäßig in der Woche. Da gibt es verschiedenste Möglichkeiten, sich mit seiner Kreativität einzubringen. 

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Salesianer Don Boscos

Die Salesianer Don Boscos und die Don Bosco Schwestern haben sich zum Ziel gesetzt, weltweit benachteiligten jungen Menschen in Risikosituationen zu helfen.

Im Straßenkinderprojekt der Salesianer in Esmeraldas, Ecuador / © Jürgen Escher (Adveniat)
Im Straßenkinderprojekt der Salesianer in Esmeraldas, Ecuador / © Jürgen Escher ( Adveniat )
Quelle:
DR