Kritiker halten das Verfahren für politisch motiviert. Akhanlis Anwalt Ilias Uyar sagte der Zeitung, die deutsche Botschaft in Madrid sei informiert, habe aber ebenso wenig Zugang zu dem Autor wie er selbst. Dem "Spiegel" sagte er, er werte den Vorfall als "gezielte Jagd der türkischen Regierung auf kritische Köpfe im europäischen Ausland". Aus dem Auswärtigen Amt ist zu hören, dass der Fall dort bekannt sei. Man bemühe sich um konsularische Betreuung und werde auf die zuständigen spanischen Behörden zugehen.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bezeichnete die Verhaftung Akhanlis als einen "ungeheuerlichen Vorgang" und forderte die Bundesregierung sowie die Europäische Union zu einer deutlichen Reaktion auf. Sie müssten darauf dringen, dass Akhanli "nicht in die Türkei ausgeliefert wird und stattdessen möglichst schnell freigelassen wird", sagte er in Berlin.
Schulz verurteilte das Verhalten des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan scharf. Es sei ein Skandal, dass in der Türkei willkürlich Menschenrechtsaktivisten und Journalisten verhaftet würden. Wenn Erdogan "dies nun auch außerhalb des Territoriums der Türkei versucht, müssen wir uns als Europäer dem entschlossen entgegenstellen".
Beck: Haftbefehl rechtsmissbräuchlich
Der religionspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, forderte Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) auf, sich unverzüglich für die Freiheit Akhanlis einzusetzen. "Der Haftbefehl ist eindeutig rechtsmissbräuchlich", erklärte er in Berlin. Die türkischstämmige SPD-Politikerin Lale Akgün zeigte sich entsetzt. Akhanli sei deutscher Staatsbürger. "Wenn der Arm von Erdogans Schergen jetzt schon bis in die EU reicht, kann sich auch in Deutschland bald niemand mehr sicher sein, der sich kritisch über die Zustände in der Türkei äußert", sagte sie dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Akhanli, der seit 25 Jahren in Köln lebt und Mitglied der internationalen Schriftstellervereinigung PEN ist, hatte sich wiederholt kritisch gegenüber der türkischen Regierung geäußert. In seinem literarischen Werk thematisiert er den Völkermord an den Armeniern sowie die Ablehnung der Anerkennung dieses Völkermords in der Türkei. Er setzt sich für Aufarbeitung von historischer Gewalt und die Achtung der Menschenrechte ein. 2009 wurde er vom Bündnis für Demokratie und Toleranz ausgezeichnet.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) riet unterdessen türkeikritischen Journalisten, vor dem Antritt einer Auslandsreise beim Bundeskriminalamt (BKA) einen Antrag auf Selbstauskunft zu stellen. Akhanli habe sich "unseren Erkenntnissen nach nichts zuschulden kommen lassen" und müsse sofort freigelassen werden, mahnte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Journalisten bräuchten Klarheit darüber, "ob ein unbeschwerter Urlaubstrip ins Ausland im Knast endet".