Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün erläutert im domradio-Interview zum Moscheebau

"Die Diskussion hat dem Miteinander genutzt"

Der Rat der Stadt Köln entscheidet heute über den Bau der im Stadtteil Ehrenfeld geplanten Großmoschee. Falls der Stadtrat die Änderung des Bebauungsplans genehmigt, kann die Türkisch-Islamische Union (Ditib) die Baugenehmigung für die umstrittene Moschee beantragen. Neben der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Köln wollen auch die meisten CDU-Stadträte gegen den Bau stimmen. Eine Mehrheit für den Bau gilt dennoch als sicher. Die Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün erläutert im domradio-Interview, warum der Moscheebau gut für die Integration der Muslime in Köln ist.

 (DR)

domradio: Zuletzt hat die örtliche CDU für viele überraschend bei der Sitzung der Bezirksvertretung des Kölner Stadtteils Ehrenfeld gegen den Bau der Moschee gestimmt. Es sei mit großen Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung zu rechnen, so die Begründung. Wie schätzen Sie das ein?
Akgün: Ich kann diese Ansicht nicht teilen. Nach einer Umfrage des Kölner Stadtanzeigers wissen wir: Je näher die Menschen an einer Moschee wohnen, desto höher ist die Akzeptanz. Das heißt: Die Anwohner kennen die Moschee und die Umstände und können damit besser umgehen als Leute, die die Moschee nur vom Hörensagen her kennen. Im Rechtsrheinischen haben wir durchaus weniger Akzeptanz, aber ich denke, für Ehrenfeld wird es kein Problem sein.

domradio: Der Bauplan, so wie er jetzt vorliegt, ist etwas verkleinert worden. Statt dreier Untergeschosse wird es z.B. nur noch ein Untergeschoss geben. Nach Kritiker-Meinung ist das immer noch nicht "alltagsfähig". Hat der Bauherr Ditib genug dafür getan, dass die Menschen vor Ort mitgenommen werden?
Akgün: Man kann ja immer darüber diskutieren, ob die Moschee anders aussehen soll, und man kann immer etwas kritisieren. Aber die Architekten waren ja nicht irgendwer, sondern die berühmten Kirchenbauer Böhm. Die Moschee sieht schon sehr imposant aus. Ich glaube aber, dass man an der Stelle nicht mehr diskutieren sollte, ob die Moschee noch weiter verkleinert werden sollte. Das hat der Architekt auch zu Recht abgelehnt. Eine Moschee muss ja auch dementsprechend aussehen. Deshalb sollten wir jetzt akzeptieren, dass das Modell von der Jury angenommen wurde, dann vom Bauerherren und Architekten nochmal umgestaltet wurde und nun so gebaut wird wie sie gebaut wird.

domradio: Hat denn die Ditib in der Vergangenheit genug getan um die Akzeptanz in der Bevölkerung und eine Transparenz zu schaffen?
Akgün: Da kann man noch sehr viel tun. Da macht die Ditib nicht genug, um sich bekannt zu machen. Die Menschen in der Nachbarschaft wurden erst informiert, nachdem die Kritiken und Widerstände kamen, sie hätte das viel früher machen müssen. Ich glaube, dass sich die islamischen Instiutionen in Köln insgesamt sehr viel transparenter machen müssen, sehr viel mehr auch miteinander und mit der Bevölkerung reden müssen. Da sehe ich eine große Problematik in Zukunft auf uns zukommen. Weil diese Transparenz, die die Institutionen zeigen, meiner Meinung nach nicht wirklich eine Transparenz ist. Da wird immer so getan mit Tagen der offenen Tür, aber dass man wirklich miteinander auch über Inhalte redet, dass  ist mir auch noch nicht genug.

domradio: Was wäre denn ein erster Schritt in Richtung Transparenz?
Akgün: Es wäre wichtig, dass z.B. über Alltagsthemen diskutiert wird, dass also diejenigen, die bei Ditib im Vorstand sind und mitarbeiten, sich in der Bevölkerung viel mehr ins Gespräch bringen müssen und sehr viel mehr Dikussionsabende zulassen müssen. Dafür müssen sie aber auch gut Deutsch können, und da kommen wir auch schon wieder an Defizite: Es sind zu wenige Leute bei Ditib, die gut deutsch können. Und der eine, der gut deutsch kann, der muss dann ganz Deutschland bedienen und hin und her fahren. Das geht natürlich so nicht, die Moschee steht nunmal in Köln und man muss mit den Leuten in Köln darüber diskutieren.

Darüber hinaus glaube ich, dass der Wunsch nach Auseinandersetzung bundesweit und sogar europaweit da ist. Der Islam ist ja nun mal eine importierte Religion, die erst seit den sechziger Jahren in Deutschland und Europa angewachsen ist. Die Menschen wissen zuwenig darüber. Der Islam hat viele Gesichter, auch Gesichter, die Angst machen. Deswegen ist es umso wichtiger, dass diejenigen, die Verantwortung tragen, sich sehr viel mehr öffnen.

domradio: Die Diskussion um die Moschee läuft seit Jahren. Hat die Debatte dem Miteinander der Religionen und Menschen in Köln nun genutzt oder eher geschadet?
Akgün: Sie hat überhaupt nicht geschadet. Ich finde es gut, dass wir darüber diskutiert haben. Ich glaube, dass erst über diesen Moscheebau eine Diskussion in Gang gekommen ist, die auch das Miteinander fördert.

Wenn man sich nur einmal im Jahr von weitem sieht und grüßt, ist das zu wenig. Deswegen hat die Diskussion dem Miteinander genutzt. Dass jetzt rechte Kräfte wie Pro Köln Ende September versuchen, die Moschee zum Anlass zu nehmen, um hier in Köln rechte "Größen" aufzufahren, das ist nicht das Problem der Moschee und auch nicht das Problem unserer Stadt. Da werden wir dementsprechend reagieren und denen zeigen, wo ihr Platz ist. Aber ich glaube, dass eine darf man mit dem anderen nicht vermengen.