Über Sinn und Unsinn von Wetterprognosen an Heiligentagen

Können Bauernregeln das Wetter voraussagen?

"Ist bis Dreikönig kein Winter, folgt keiner mehr dahinter." Können "alte Bauernregeln" an Heiligentagen im Januar tatsächlich schon das Wetter und die Ernte des ganzen Jahres prophezeien? Ein Meteorologe gibt Auskunft.

Autor/in:
Johannes Senk
Schnee im Winter / © Galyna Andrushko (shutterstock)

"Lässt Paulus keine Tropfen fallen, gibt's zur Heuzeit wenig Ballen", oder "Wenn zu Antoni die Luft ist klar, gibt's ein trockenes Jahr", oder "Kommt Sankt Vinzenz tief im Schnee, bringt das Jahr viel Heu und Klee".

Solche einfachen Reime verbinden die Gedenktage von Heiligen im Januar - in diesem Fall Paulus von Theben (10. Januar), Antonius (17. Januar) und Vinzenz von Valencia (22. Januar) - mit Wetterprognosen für das ganze Jahr. Es sind die wohlbekannten "alten Bauernregeln", die oft schon aus dem Mittelalter stammen; einer Zeit, in dem die jeweiligen Tagesheiligen noch deutlich geläufiger waren als heutzutage.

Die kurzen Merksätze dienten den Bauern als Leitfäden: Wann sollte gesät werden, bis wann sollte die Ernte eingeholt werden? Doch wie verlässlich können solche althergebrachten Regeln sein?

Bauernregeln erfüllten einen wichtigen Zweck

"Bauernregeln sind teilweise so allgemein gehalten, dass sie entweder keine spezifische Aussage haben oder nicht haltbar sind, gerade wenn sie einen bestimmten Stichtag nennen", meint der Meteorologe Michael Langguth von der Universität Bonn. "Für langfristige Prognosen sind sie wissenschaftlich nicht haltbar. Dafür ist das System unserer Atmosphäre zu komplex."

Handelt es sich bei den Wetterregeln also nur um bäuerlichen Aberglauben? Nicht ganz, schränkt Langguth ein. "Die Bauernregeln erfüllten einen wichtigen Zweck. Für die Bauern - und damit auch für die ganze Bevölkerung - war das Wetter die Lebensgrundlage." Schlechtes Wetter bedeutete schlechte Ernte und konnte zu Hungersnöten führen.

"Was für die Menschen damals zählte, war der subjektive Eindruck", so Langguth weiter. "Man hat sich einen Stichtag ausgesucht und geschaut, wie das Wetter ist. War es im Folgejahr genauso, dann hat man die Regel als bestätigt angesehen. Falls nicht, wurde sie einfach vergessen. Einen Nachweis zu erbringen, war technisch überhaupt nicht möglich."

Darüber hinaus sind einige Rückschlüsse auch nicht gänzlich falsch: "Interessanterweise sind aus der Siebenschläferregel wirklich Tendenzen für den Hochsommer ableitbar." Nach der Regel sagt das Wetter am Siebenschläfertag, dem 24. Juni, das Wetter für die kommenden sieben Wochen voraus: "Wie das Wetter am Siebenschläfer sich verhält, ist es sieben Wochen lang bestellt." Die meteorologischen Aufzeichnungen zeigen, dass das Wetter tatsächlich ein ähnliches Muster zeigt. Allerdings schränkt Langguth ein: "Die Regel ist im besten Falle auf den Zeitraum, nicht aber auf einen einzelnen Tag fixierbar." Einer genauen statistischen Untersuchung würde sie auch nicht standhalten. "Es ist eine 50 zu 50 Chance."

Was ist mit den Eisheiligen?

Ähnliches gilt für die Eisheiligen vom 12. bis zum 15. Mai. "Ein Kälteeinbruch an diesen Tagen ist wissenschaftlich gesehen nicht wahrscheinlicher als zwischen dem 9. und dem 12. Mai. Dass es aber in der Mitte des Monats auch häufiger noch zu stärkerem Frost kommt, lässt sich nicht bestreiten."

Die Verknüpfung von Heiligentagen und Wetterregeln ist auch in anderen Ländern verbreitet. In Frankreich beispielsweise in Form der "Proverbes vignerons" - der Sprichworte der Winzer. Auch diese entstammen einer mittelalterlichen Tradition und dienten den Weinbauern als Merksätze. Dabei kommt dem bereits erwähnten Heiligen Vinzenz als Schutzpatron der französischen Winzer eine besondere Bedeutung zu. Wenn es an seinem Gedenktag klar und schön ist, so würde im kommenden Jahr mehr Wein als Wasser getrunken werden - also eine gute Prognose für den Winzer. Was die Verlässlichkeit der Aussage angeht, so gelten für sie allerdings die gleichen Einschränkungen wie für die deutschen Bauernregeln.

Es darf allerdings auch nicht vergessen werden, dass die heutigen Jahrestage nicht mehr denen des Mittelalters entsprechen, als viele der Regeln aufgestellt wurden. Schuld daran: Papst Gregor XIII. (1572-1585). Im Zuge seiner Kalenderreform vom "julianischen" zum "gregorianischen" Kalender entfielen im Jahr 1582 schlicht zehn Tage.

Auf Donnerstag, den 4., folgte Freitag, der 15. Oktober. "Dadurch haben sich natürlich alle angeblichen Stichtage für die Zukunft verschoben", erklärt Langgutth.

Abseits von frühneuzeitlichen Kalenderreformen stellt zuletzt aber noch eine andere Entwicklung die prophetische Kraft der Heiligentage in Frage: der Klimawandel. "Durch den Klimawandel verschieben sich etwa Kälterückfälle immer weiter ins Frühjahr und werden schwächer", sagt der Meteorologe. Sollte sich nichts ändern, sei auch eine weitere Abnahme der Kälteperioden zu erwarten. "Die Eisheiligen, wie wir sie kennen, wird es dann wohl beispielsweise nicht mehr geben."


Quelle:
KNA