DOMRADIO.DE: Man spricht ja eigentlich vom verflixten siebten Jahr. In diesem Fall ist es das zehnte Jahr gewesen, an dem die Beziehung gescheitert ist. Ist das denn wirklich so ein kritischer Zeitraum für Beziehungen?
Günther Bergmann (Leiter der Beratungsstelle in Köln für Ehe-, Familien- und Lebensfragen im Erzbistum Köln): Statistisch kann man das nicht so sagen. Wir haben heutzutage eine durchschnittliche Ehedauer von etwa 15 Jahren. Dabei ist die Verteilung von Trennungen ziemlich gleichläufig nach oben und unten gestreut.
DOMRADIO.DE: Wenn man schon 15 Jahre zusammen gewesen ist, woran zerbricht dann eine Beziehung?
Bergmann: Man muss die Frage andersherum stellen. Wie kommt es, dass eine Beziehung oder Ehe überhaupt 15 Jahre hält? Vor 100-120 Jahren war die durchschnittliche Ehedauer, unabhängig von Trennungen, 15 Jahre. Das heißt, ein Paar hatte gar nicht mehr Zeit miteinander zu bewältigen. Diese Zeit war mit Aufgaben, wie Familie und Kindern gefüllt. Die Rollen waren viel deutlicher abgegrenzt und festgelegt. Es gab wesentlich weniger Herausforderungen. Eine Ehe heutzutage ist von Anfang an ganz anderen Herausforderungen ausgesetzt.
Bei jungen Paaren haben Sie die Situation, dass beide in der Regel berufstätig sein wollen und sich noch entwickeln. Dementsprechend ist es schon räumlich ein Problem, in einer Paarbeziehung zu leben. Wenn man als Paar zusammenkommt, muss man sich klar werden, wie man den Wunsch, eine Familie zu gründen mit diesen Eigeninteressen unter einen Hut bekommt. Das führt zu einer ganzen Menge an Zündstoff. Man kann sagen, dass die Familiengründung leider auch statistisch gesehen ein gewisses Risiko darstellt.
DOMRADIO.DE: Für Helene Fischer und Florian Silbereisen hat der Beruf auf jeden Fall eine große Rolle gespielt. Nur ist es so, dass Helene Fischer jetzt auch gleich bekannt gegeben hat, dass Sie schon wieder mit einem neuen Mann in einer Beziehung ist. Ich vermute mal, das macht die Trennung für Florian Silbereisen dann eher noch komplizierter, wenn er sich direkt ersetzt fühlt, oder?
Bergmann: Grundsätzlich kann man sagen, dass Männer und Frauen eine solche Situation von Neuverpartnerung ganz anders erleben. Das fängt damit an, dass Männer im Durchschnitt deutlich schneller wieder eine neue Partnerin gefunden haben, als Frauen.
Zweitere brauchen offenbar eine längere Verdauungszeit, um sich wieder zu finden und neu zu sortieren. Männern hingegen ist eher daran gelegen, sehr rasch wieder in eine Beziehung zu gehen. Beides hat seine Schwierigkeiten und Tücken, aber auch seine positiven Seiten. Bei Helene Fischer und Florian Silbereisen haben wir den interessanten umgekehrten Fall, wobei ich aber sehr stark vermute, dass Frau Fischer schon etwas länger mit ihrem neuen Partner unterwegs ist. Mal sehen, was die nächsten Meldungen in diesem Punkt noch bringen.
DOMRADIO.DE: Hat das denn eine Chance, etwas Langfristiges zu sein? Oder ist es, wenn man direkt in die nächste Beziehung stürzt, eher eine Art Reflex-Handlung?
Bergmann: Tatsächlich habe ich fachlich selbst auch immer gedacht, dass es eher kurzfristige Geschichten sind, eben weil es Aufstiegshilfen aus einer vorhergehenden Beziehung sind. Allerdings gibt das die Erfahrung nicht her.
Es ist zwar nicht zwingend, dass man zusammenbleibt, aber es ist auch nicht sicher, dass man so rasch wieder auseinander geht. Da kann man statistisch gar nicht so viel sagen. Das hängt vom Einzelfall ab. Hier kann es sein, dass man auch schon länger mit einem anderen Partner unterwegs ist, mit dem sich bereits etwas entwickelt hat. Das kann durchaus sein, es muss jetzt bei dem Beispiel Helene Fischer schließlich auch nicht ganz adhoc gewesen sein.
DOMRADIO.DE: Die beiden sagen, sie würden Freunde bleiben wollen. Sie wollen sogar eine gemeinsame Fernsehsendung auf die Beine stellen. Macht das Sinn? Kriegt man das hin oder sollte man lieber den Kontakt abbrechen, weil es eh nicht funktioniert, Freunde zu bleiben?
Bergmann: Da kommt bei meinen Antworten schon fast ein bisschen Langeweile auf, weil man immer "sowohl als auch" sagen kann. Es gibt Paare, bei denen das überhaupt nicht geht. Die sollten das auch gar nicht erst versuchen. Es ist manchmal so, dass es in Übersprung dessen formuliert wird, was tatsächlich gefühlt wird. Es wird gar nicht zugelassen, wie verletzend das Ganze war oder im Erleben ist. Und dann sollte man wirklich darauf verzichten. Das hat dann keinen Sinn.
Wir haben allerdings den Regelfall in den Reihen der Beratungsarbeit, dass die Partner Kinder haben. Und die beiden bleiben zwar kein Ehepaar oder Paar mehr, aber natürlich ein Elternpaar. Das werden sie ein Leben lang bleiben. Und sie müssen daran arbeiten, es vernünftig auf die Reihe zu kriegen. Es gibt aber tatsächlich auch die Fälle, bei denen das gut geht. Helene Fischer und Herrn Silbereisen kann man das wünschen.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.