In Kolumbien beginnt die Entwaffnung der Rebellen

Die FARC liefert, die Regierung patzt

Kolumbiens Friedensprozess wird immer wieder von Rückschlägen begleitet. Die gehen allerdings nicht auf das Konto der Guerilla-Organisation FARC. Stattdessen bleibt die Regierung hinter ihren Zielen zurück.

Mitglied der linken Farc-Rebellen in Kolumbien / © Ricardo Maldonado Rozo (dpa)
Mitglied der linken Farc-Rebellen in Kolumbien / © Ricardo Maldonado Rozo ( dpa )

Und wieder ein Tag, der irgendwann einmal in die kolumbianischen Geschichtsbücher eingehen wird. Am Mittwoch startete in dem südamerikanischen Land das, was vor Jahren noch undenkbar schien: die Entwaffnung der rund 7.000 Kämpfer der linksgerichteten Guerilla-Organisation FARC. Bis Ende Juni soll der Prozess andauern, dann sind aus den Kämpfern Ex-Rebellen geworden.

Zuvor war der Guerilla-Führung schon ein anderer bemerkenswerter Erfolg gelungen. Fast alle Angehörigen der einzelnen Einheiten fanden sich in den dazu vorgesehenen Übergangszonen ein. Die Männer und Frauen vertrauen offenbar den Worten ihrer eigenen Führung und den Versprechen von Präsident Juan Manuel Santos, dass sie im Friedensprozess tatsächlich eine faire Chance erhalten.

"Wir sind bereit, am 1. März damit zu beginnen, uns zu entwaffnen, aber es ist auch ein 'Geben und Nehmen' beider Seiten und wir erwarten, dass der Staat sein Wort hält", sagte FARC-Sprecher Pablo Catatumbo der Tageszeitung "El Tiempo" zu Wochenbeginn. Eine internationale Beobachterkommission der Vereinten Nationen begleitet die Entwaffnung; erst am Dienstag stellten sich die UN in einer Erklärung noch einmal hinter den Friedensprozess.

Bau der Übergangslager geht schleppend voran

Während die FARC das kleine Wunder vollbrachte, sich nahezu komplett in den Friedensprozess einzubringen - gerade einmal 200 bis 300 Rebellen wollen weiterkämpfen - bleibt die kolumbianische Regierung ein ums andere Mal hinter ihren selbst gesteckten Zielen zurück. Beim Bau der Übergangslager fehlte es bisweilen an grundlegenden Dingen wie Wasser und medizinischer Versorgung.

"Das Problem beginnt, wenn sie in den Sammelzonen ankommen und statt Holzhäusern und einfachen Toiletten oft nur Bagger und Erdhaufen vorfinden. Das bedeutet, die Regierung war und ist nach dem fast fünfjährigen Verhandlungsprozess nicht darauf vorbereitet, ihren Verpflichtungen nachzukommen", kritisiert Hubert Gehring von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bogota die schleppenden Arbeiten in den insgesamt 23 Sammelzonen. Es sei kein gutes Zeichen, wenn es schon jetzt Probleme gebe, so Gehring.

Als positiv bewerte er hingegen einen "offensichtlichen Babyboom" bei der FARC. Es sei ein hoffnungsvolles Zeichen, dass die Führung offenbar von "der Praxis jahrzehntelanger Zwangsabtreibungen in den eigenen Reihen abgerückt ist".

Attentate auf Menschenrechtler und Aktivisten

Schwerer als die organisatorischen Probleme seitens der Regierung wiegen derzeit allerdings die jüngsten Attentate auf Menschenrechtler, Aktivisten und der FARC nahestehende Kommunalpolitiker - mutmaßlich verübt von paramilitärischen Gruppen oder kriminellen Banden. Sollte es dem Staat nicht grundsätzlich gelingen, seine Bürger zu schützen, werde sich auch durch die Auflösung der FARC für zahlreiche Menschen auf dem Land nichts zum Besseren wenden, so Gehring. Seit der Unterzeichnung des Friedensvertrags Ende vergangenen Jahres wurden fast zwei Dutzend Auftragsmorde verübt; die Aufklärungsrate tendiert gegen Null.

Auch die katholische Kirche in Kolumbien sieht die jüngste Entwicklung kritisch. "Der Abschluss der Friedensgespräche mit der FARC-Guerilla und die darauffolgende Entwaffnung von Guerilla-Kämpfern hat in vielen ländlichen Regionen Kolumbiens zu einem Machtvakuum geführt. Zuvor unter Einfluss der FARC-Kämpfer befindliche Gebiete werden nun von paramilitärischen Gruppen und Drogenhändlern übernommen", so der Bischof von Apartado, Hugo Alberto Torres Marin. "Der kolumbianische Staat hat die Menschen in den ländlichen Regionen im Stich gelassen."

Hilfswerke fordern ebenfalls verstärkte Schutzmaßnahmen: "Es wird keinen dauerhaften Frieden in Kolumbien geben, wenn der Staat nicht gezielt gegen paramilitärische Gruppen vorgeht und die Zivilbevölkerung besser schützt", sagt Philipp Lang, Kolumbien-Referent von Caritas International.


Quelle:
KNA