Kritik übt das Gremium daran, dass Woelki seiner Einladung zur Vollversammlung am Mittwoch nicht gefolgt ist. Er habe "seit mehreren Jahren" nicht an den Sitzungen teilgenommen. "In dieser Situation, in der wir gerade sind, muss man als Bistumsleitung doch alles dafür tun, hier in der Vollversammlung präsent zu sein und miteinander zu sprechen", erklärte der Diözesanratsvorsitzende Tim Kurzbach.
Zudem bemängelt die Laienvertretung den Inhalt eines Briefes von Woelki, der das Gremium kurz vor Beginn seiner Vollversammlung erreichte. Laut Diözesanrat wirft der Kardinal darin dem Gremium vor, öffentliche Stellungnahme an Stellungnahme zu reihen, den Dialog mit ihm aber nicht fruchtbar zu führen. Die Vollversammlung nehme den Briefinhalt als "verschobene Wahrheit" wahr.
Der Diözesanrat hatte in den vergangenen Monaten massive Kritik an der Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln geübt. Im Januar hatte das Gremium aus Protest seine Zusammenarbeit mit der Bistumsleitung an der Strukturreform in der Erzdiözese ausgesetzt.
Verbände schließen sich Kritik an
Auch die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände im Erzbistum Köln (AGKV) kritisierte in einer Stellungnahme, "dass ihre Stimmen und Voten nicht in Entscheidungen einfließen und sie oft viel zu kurzfristig oder unzureichend informiert werden". Die bisherige Missbrauchsaufarbeitung durch die Bistumsleitung weise viele Defizite auf und könne nur der Anfang eines sorgfältigen Prozesses sein.
In dem der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegenden Schreiben an den Diözesanrat betont Kardinal Woelki seinen Willen zu einem "echten und ehrlichen Dialog" und verweist auf die Sitzung des sogenannten Diözesanpastoralrates am kommenden Freitag und Samstag. Diesem Beratungsgremium des Erzbischofs gehören auch zehn Vertreter des Diözesanrates an.
Woelki widerspricht Darstellung
In dem Brief geht der Kardinal auf die Unterlagen des Vorstands zur Vollversammlung ein. Bei der dort getroffenen Aussage, dass es auf fünf öffentliche Stellungnahmen des Diözesanrats von ihm keine Reaktion gegeben habe, "muss es sich doch um ein großes Missverständnis handeln", so Woelki wörtlich. Selbstverständlich nehme er die Stellungnahmen des Diözesanrates deutlich zur Kenntnis; sie hätten auch "auch Einfluss auf mein Handeln und Planen - auch wenn es im Sinne eines fruchtbringenden Dialogs nicht auf jede einzelne eine öffentliche (Gegen-)stellungnahme gab". Der Erzbischof weiter: "Das kann es doch auch nicht sein: öffentliche Stellungnahmen an öffentliche Stellungnahmen zu reihen. Es ist doch auch umgekehrt nicht so, dass auf all meine Verlautbarungen und öffentlichen Botschaften eine direkt zuzuordnende Reaktion Ihrerseits erfolgt."
In seinem Schreiben betont der Erzbischof, dass die Forderungen des Diözesanrats mit Blick auf die Missbrauchsaufarbeitung zum Teil bereits erfüllt seien - etwa die flächendeckende Präventionsarbeit und die Nennung der Namen von Verantwortlichen im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt. Als "hartnäckiges Gerücht" bezeichnete Woelki die Darstellung, er habe den Wunsch des Diözesanrats nach einer Diözesansynode rundheraus abgelehnt. Auch der von dem Gremium geforderte und bereits geplante Bußgottesdienst im Kölner Dom, in dem es um die Missbrauchstaten gehen soll, sei in Abstimmung mit dem Betroffenenbeirat und mit Hinblick auf die mediale Lage nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben worden.
Andreas Otto
Info der Redaktion: Auf DOMRADIO.DE-Anfrage sagte der Pressesprecher des Erzbistums Köln, Oliver Schillings: "Wir werden uns auch weiter um Gespräche und einen guten Austausch bemühen."