Mit Schutzhandschuhen reicht der Seelsorger dem Patienten eine Hostie. "Der Leib Christi", sagt er. "Amen", antwortet der Mann und nimmt die Hostie entgegen. Pfarrer Bernd Müller trägt zudem Kittel und Maske, so sehen es die Hygienevorschriften am Universitätsklinikum Bonn vor. Seit 17 Jahren arbeitet er als katholischer Krankenhausseelsorger für die Klinik auf dem Venusberg.
Wie immer beginnt der Patientenbesuch mit einem Gespräch. Der Mann, dem er die Kommunion bringt, leidet an einer Keiminfektion und liegt deshalb isoliert in einem speziellen Zimmer. Mit Covid-19-Patienten hatten der Pfarrer und sein Team zwar noch keinen Kontakt, der Ablauf einer Krankenkommunion wäre aber ähnlich, erklärt er.
Arbeit hat sich deutlich verändert
Seit Ausbruch der Pandemie in Deutschland hat sich die Arbeit von Krankenhausseelsorgern dennoch stark verändert. Die Teams sind Ansprechpartner für religiöse und existenzielle Fragen von Kranken und Angehörigen und sollen für die Sorgen der Mitarbeiter da sein, wie der Katholische Krankenhausverband Deutschland (KKVD) auf seiner Internetseite erklärt. Gerade in Krisensituationen suchten Menschen Antworten, Hilfe und Trost im Glauben.
Wegen der Corona-Pandemie gilt in etlichen Kliniken aber ein Besuchsverbot. Die Einrichtungen auf dem Bonner Venusberg dürfen Angehörige nicht mehr betreten - genauso wenig wie ehrenamtliche Helfer der Seelsorge.
Die Hauptamtlichen sollen Gespräche möglichst am Telefon führen. Einige Patienten kämen aber an ihr Limit, wenn sie von ihren Familien abgeschnitten seien, sagt Müller. Sobald er merke, dass ein Patient in einer "seelischen Notlage" sei, gehe er deshalb persönlich vorbei. Dabei beachte er die neuen Schutzvorschriften.
Gespräche auf den Stationen führt er zum Beispiel nur noch mit Abstand und Mundschutz. "Das ist sehr schwierig, wenn in zwischenmenschlichen Kontakten die Mimik wegfällt", sagt Müller.
"Gerade in seelsorgerlichen Gesprächen ist der persönliche Ausdruck ein wichtiges Instrument." Die Vorsichtsmaßnahme gilt auch für den Austausch mit Pflegern und Ärzten, die ebenfalls zum Klientel der Krankenhausseelsorger gehören. Das Klinikum hat eine Hotline für Mitarbeiter eingerichtet, an der sich Müller und sein Team beteiligen.
Ruhe vor dem Sturm
Insgesamt nähmen Pfleger und Ärzte die derzeitige Lage als Ruhe vor dem Sturm wahr, erzählt der Pfarrer. Das entspricht dem Bild, das auch andere Krankenhausseelsorger gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zeichnen, etwa in Frankfurt, dem Bistum Speyer und in Köln. "Die größte Sorge von Pflegern und Ärzten lautet: Was kommt da auf uns zu? Werden wir dem gerecht werden können? Reichen die Kapazitäten und die eigene Kraft aus?", sagt Müller.
Einige Klinikmitarbeiter hätten Angst, sich anzustecken und so ihre Familien zu gefährden.
Neben der Kommunion würde der Pfarrer Covid-19-Patienten auch die Krankensalbung spenden - natürlich unter strengen Sicherheitsmaßnahmen. Die Sakramente seien ein Zeichen der Nähe Gottes. "Er hat uns am Beginn des Lebens nicht versprochen, dass er uns vor allen Gefahren bewahren kann", erklärt Müller. "Was er verspricht, ist, dass er Gefährte in der Gefahr bleibt." Das Schlimmste wäre, wenn die Menschen alleine durch so eine Zeit gehen müssten.
Auf dem Altar in der Krankenhauskirche brennt eine große Kerze. Die Patienten können sie auf einem der Fernsehkanäle in ihren Zimmern sehen - per Live-Übertragung. Die Kirche ist zudem für Patienten und Mitarbeiter für das persönliche Gebet geöffnet.
Müller und sein Team müssen in diesen Tagen einen Spagat meistern. "Einerseits wollen wir für die Menschen in Krisen-Zeiten da sein. Das ist unser ureigenster kirchlicher Auftrag", erklärt er. "Andererseits müssen wir die Schutzmaßnahmen einhalten und dürfen niemanden gefährden."