Kongress für Kirchenmusik in Berlin

Musik für die Massen

Die Rolle der Kirchenmusik steht noch bis Sonntag in Berlin auf dem Spielplan eines großen Kongresses. Auch Vertreter der großen Kirchen machen hier eine Bestandsaufnahme - und blicken nach vorne: Kirchenmusik ist wichtig und bleibt es, sind sich alle einig. Vor allem Ehrenamtler sind in Zukunft gefragt.

 (DR)

Vertreter der beiden großen Kirchen in Deutschland haben die Kirchenmusik als Dienst an der Gesellschaft und Kultur bewertet. Kirchenmusik vereine "auf ideale Weise Kulturförderung und christliche Verkündigung", sagte der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky beim Berliner Kirchenmusik-Kongress. Die Pröpstin der evangelischen Landeskirche, Friederike von Kirchbach, bezeichnete Kirchenmusik als unverzichtbaren Teil der europäischen Kultur. Eine Kirche ohne führende Rolle der Musik sei "schlicht nicht vorstellbar". Beide verwiesen auf eine steigende Beliebtheit der Kirchenmusik.



Sterzinsky und Kirchbach äußerten sich bei einem bis Sonntag dauernden Kongress des Deutschen Musikrats und der kirchenmusikalischen Spitzenverbände zum Thema "Einheit durch Vielfalt - Kirche macht Musik". Dabei rief der Präsident des Musikrats, Martin Maria Krüger, die Kirchen auf, die Rahmenbedingungen für Kirchenmusiker zu verbessern. Weiter sagte er, es sei "höchste Zeit", diesen kulturellen Beitrag der Kirchen deutlicher herauszustellen. So seien rund eine Million Menschen in Deutschland kirchenmusikalisch aktiv.



Sterzinsky betonte, die Kirche sei "in einer Zeit allgemeinen Rückgangs des Singens in der Gesellschaft zu einem Marktführer auf dem Gebiet der musischen Bildung und Prägung junger Menschen geworden". Für die Deutsche Bischofskonferenz sei Kirchenmusik eines der "zukunftsrelevanten Themen"; deshalb bestehe zu "Alarmstimmung" kein Grund. Nachdrücklich betonte er die Bedeutung des Ehrenamts. Die 2.000 hauptberuflichen Kirchenmusiker seien zunehmend gefordert, die Ehrenamtlichen zu beraten und weiterzubilden. Denn diese gäben "der Kirche vor Ort ein Gesicht". Der Kardinal erklärte, die Auftritte kirchlicher Musikensembles seien in strukturschwachen Regionen oft die einzigen gehobenen Kulturveranstaltungen.



Wachsende Verantwortung

Auch der katholische Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann sprach von einer wachsenden Verantwortung der Kirchenmusiker. Ihr Werk erreiche der Kirche fern stehende Kulturliebhaber und könne neu das Bedürfnis nach Gott wecken. Damit sei die Musik Teil einer "missionarischen Kirche". Wiesemann, der Mitglied der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz ist, rief die Kirchenmusiker auf, auch anspruchsvoller Gegenwartsmusik Raum zu geben. Als Beispiel führte er unter anderen die Komponisten Arvo Pärt, György Ligeti und Krzysztof Penderecki an.



Zum Auftakt des Kongresses am Donnerstagabend hatte die Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bahr, "ein Christentum, das nicht klingt", als totes Christentum bezeichnet. Die Musik, die aus dem Glauben komme, habe "buchstäblich Kultur gemacht - nicht nur in der Kirche". Sie räumte ein, heute müssten Kirchenmusiker vielfach auch Entertainer, Sozialarbeiter, Liturgieexperten und Manager sein.



Der Konzertsaxophonist Uwe Steinmetz mahnte die Kirchen, ganz bewusst auch weltliche Musiker einzuladen. So könnten sie die Menschen zu Musik in die Gotteshäuser holen. Im angelsächsischen Raum gebe es diesbezüglich ein weit größeres Engagement.



Im Anschluss an den Kongress laufen bundesweite Aktionstage mit mehr als 1.000 Veranstaltungen. Sie sollen nach dem Willen des Musikrats in allen Diözesen und Landeskirchen "ein Schaufenster der Vielfalt" öffnen. Der Deutsche Musikrat wurde 1952 gegründet. Ihm gehören über zahlreiche Unterorganisationen rund acht Millionen Menschen an.