domradio.de: Greifen die Menschen in Zeiten von Internet und sozialer Netzwerke noch zum Telefon, wenn sie seelische Sorgen plagen?
Pfarrer Frank Ertel (Leiter der Telefonseelsorge Aachen/Eifel und Kongressmanager beim Weltkongress der Telefonseelsorge in Aachen): Viele greifen zum Telefon, aber unser Angebot bietet ja auch einen Online-Chat an oder Beratung per Mail. Das ist ein wachsender Bereich. Wir sind in allen Bereichen ausgelastet. Je nach Medium unterscheiden sich aber die Themen: Schreiben tut der Seele gut. Wenn die Menschen sich etwas von der Seele schreiben wollen, wählen sie den Mailkontakt. Wir bekommen mitunter ganz lange Mails. Im Chat ist man dagegen viel spontaner aber auch fokussierter. Wenn man aber sprechen möchte, bietet sich weiterhin das Telefon an.
domradio.de: Auf der anderen Seite am Telefon oder am Rechner sind dann die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Seelsorger. In Aachen sind jetzt ganz viele dieser Helfer versammelt. Warum ist das so wichtig, dass man sich trifft und austauscht?
Ertel: In der Regel machen die Mitarbeiter ihren Dienst ja alleine. Hier in Aachen können sie spüren, dass sie Teil einer großen Bewegung und einer großen Gemeinschaft sind. Wir haben insgesamt weltweit 25.000 ehrenamtliche Mitarbeiter. Hier in Aachen findet nun ein Sich-Kennenlernen und ein Erfahrungsaustausch statt. Man bekommt ein Gefühl für die Gemeinschaft und einen wichtigen Input für die Arbeit über die Ländergrenzen hinweg.
domradio.de: Sie sagen es: Es ist ein Weltkongress, also ein internationales Treffen - die Teilnehmer kommen aus 25 Ländern. Welche Rolle spielt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit?
Ertel: In einem EU-Projekt werden z.B. gerade Gesprächsstandards erarbeitet, die wir über die Grenzen hinweg transportieren wollen. Andere Länder haben andere Bedingungen, die Mitarbeiter bringen andere Ideen ein. Gerade auf einem solchen Kongress kann man voneinander total viel lernen.
domradio.de: Gibt es einen roten Faden im Programm?
Ertel: Den roten Faden gibt das Thema vor: "Damit das Leben weitergeht". Der erste Tag beschäftigt sich mit der Frage, warum Zuhören den Menschen hilft. Der zweite Tag geht geht auf die konkrete Arbeit ein. Wie können die Mitarbeiter am besten helfen? Wie sollen wir zuhören? Der dritte Tag beschäftigt sich mit der Hilfe für Angehörige, die einen dramatischen Verlust erlitten haben.
domradio.de: Was wünschen Sie sich - was soll der Weltkongress der Telefonseelsorge bewirken?
Ertel: Ich wünsche mir, dass die Ehrenamtlichen motiviert und mit viel neuem Input nach Hause fahren. Vielleicht auch ein Stück Begeisterung weitertragen, Menschen mitziehen und davon überzeugen können, diese Arbeit zu machen und Teil unserer Bewegung zu werden.
Das Interview führte Silvia Ochlast.