Bischof Fürst fordert transparente Missbrauchsaufarbeitung

"Konsequenzen müssen folgen"

"Erschreckend". Mit diesem Wort umreißt der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst die bekannt gewordenen ersten Studienergebnisse über Missbrauch in der katholischen Kirche – und bekennt sich zu einer transparenten Aufarbeitung.

Bischof Gebhard Fürst während einer Rede / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Gebhard Fürst während einer Rede / © Harald Oppitz ( KNA )

Glaubwürdigkeit sei nur zurückzugewinnen, indem die kirchlichen Verantwortlichen in den Bistümern die Studienergebnisse annähmen und daraus Konsequenzen zögen, erklärte Fürst am Donnerstag in Rottenburg.

Pressekonferenz angekündigt

Laut einem Vorabbericht des "Spiegel" dokumentiert die neue Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz insgesamt 3.677 sexuelle Übergriffe von mindestens 1.670 Priestern und Ordensleuten in den Jahren von 1946 bis 2014. Die Bischöfe wollen die umfangreiche Untersuchung am 25. September bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda vorstellen.

Der "Spiegel" beruft sich auf eine dem Magazin vorliegende Zusammenfassung der Ergebnisse. Laut offizieller Kriminalstatistik werden in Deutschland jedes Jahr rund 12.500 Fälle von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen bekannt. Für die Langzeit-Studie der kirchlichen Fälle sind laut "Spiegel" mehr als 38.000 Personal- und Handakten aus allen 27 deutschen Bistümern ausgewertet worden. Die Opfer seien überwiegend männliche Minderjährige gewesen, mehr als die Hälfte von ihnen seien zum Tatzeitpunkt jünger als 14 Jahre gewesen. In etwa jedem sechsten Fall sei es zu einer Form von Vergewaltigung gekommen. Drei Viertel aller Betroffenen hätten mit den Beschuldigten in einer kirchlichen oder seelsorgerischen Beziehung gestanden.

"Konservative Annahme" der Autoren

Die vorliegenden Zahlen, so das Magazin weiter, würden von den Autoren als konservative Annahme bezeichnet. Es gebe keine klaren Erkenntnisse über die Dunkelziffer. Wie der "Spiegel" weiter berichtet, wäre etwa die Hälfte aller Fälle ohne Antrag auf Entschädigung durch die Betroffenen nicht entdeckt worden, da die Personalakten der Beschuldigten keine Hinweise enthalten hätten. In vielen Fällen seien auch Akten vernichtet oder manipuliert worden.

Immer wieder seien beschuldigte Kleriker an einen anderen Ort versetzt worden, ohne dass die neue Gemeinde "mit der entsprechenden Information" über den Missbrauchstäter versorgt worden wäre. Nur ein Drittel der Täter habe sich einem kirchenrechtlichen Verfahren stellen müssen. 

Aufarbeitung institutionell verankert

Fürst verwies darauf, dass die württembergische Diözese Aufarbeitung und Prävention von Missbrauchsfällen seit dem Jahr 2002 institutionell verankert habe. Jeder Vorwurf von Missbrauch werde gewissenhaft untersucht. Seit 2002 seien insgesamt 72 Geistliche des Missbrauchs beschuldigt worden, 45 Personen seien inzwischen verstorben.

Bislang habe das Bistum Missbrauchsopfern 640.000 Euro als Anerkennung für erfahrenes Leid ausgezahlt. Zudem haben man Therapiekosten in Höhe von 130.000 Euro übernommen.

Alle Personalakten der Diakone und Priester untersucht

Für die bundesweite Studie, so Fürst weiter, seien die diözesanen Akten der Jahre 2000 bis 2014 ausgewertet worden. So seien alle Personalakten der Diakone und Priester untersucht worden, die im Jahr 2000 in einem Dienst- oder Ruhestandsverhältnis der Diözese standen. Insgesamt seien 1.950 Personalakten überprüft worden. (KNA)


Quelle:
KNA , DR