Konzert mit christlichen, jüdischen und muslimischen Musikern

Schöpfung als gemeinsame Wurzel

Gott erschafft die Welt in sechs Tagen – diese Schöpfungserzählung kennen Christen, Juden und Muslime. Der Chor "Kölner Kurrende" hat daraus ein interreligiöses Konzert gestaltet. Es soll aber kein Crossover-Event sein, erklärt Dirigent Michael Reif.

Die Erschaffung Adams / © Can Stock Photo Inc. / savcoco
Die Erschaffung Adams / © Can Stock Photo Inc. / savcoco

domradio.de: Bei den Planungen zu dem Konzert stand am Anfang nicht ein bestimmtes Werk, sondern vor allem eine Idee im Mittelpunkt. Warum?

Michael Reif (Dirigent): Wir wollten als Chor ausprobieren, ob es möglich ist zum Oratorium "Die Schöpfung" etwas zu ergänzen und da einen Dialog mit anderen Religionen in Gang zu bringen. Die monotheistischen Religionen haben alle – wenn man so will -– den gleichen Ursprung des Alten Testamentes. Man findet ganz viele Parallelen beim Thema Schöpfung in allen religiösen Schriften. Das gab für uns den Anlass, mal zu schauen, ob es auch Musik dazu gibt und dann ein Konzert zu konzipieren, in der Musik aus diesen Weltreligionen zum Thema Schöpfung erklingt. Deswegen hat unser Konzert das Motto "Auf den Spuren der Schöpfung".

domradio.de: Wie setzen Sie das Motto konkret um?

Reif: Wir haben daraus ein Konzert konzipiert, das einen ganz spannenden Gang durch die Schöpfungstage bietet, aber auch durch die verschiedenen Weltreligionen wandert und trotzdem immer dieses gemeinsame Thema Schöpfung hat. Da gibt es neben Auszügen aus Haydns bekanntem Oratorium "Die Schöpfung" eine jüdischen Kantorin, die jüdische Synagogalmusik zum Thema Schöpfung singt, dann die junge assyrische Sängerin Sarah Ego, die orthodoxe Musik zu dem Thema beiträgt und ein türkisches Ensemble, das ganz speziell auch in der Alten Musik zu Hause ist und zwar in der alten Musik des maurisch besetzten Spanien aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Dazu kommen dann noch von Christoph Maria Herbst gelesene Texte, die eine Art Widerpart einnehmen.

domradio.de: Und doch soll das Konzert bei allen Gemeinsamkeiten kein Crossover in dem Sinne sein, dass am Schluss alle gemeinsam etwas singen.  Die einzelnen Gruppen sollen für sich bleiben und  – negativ gesprochen – getrennt musizieren. Warum?

Reif: Ja, ich möchte es positiv ausdrücken, denn die Ensembles vertreten in unserem Konzert nicht nur die Musik, sondern auch eine Idee, eine Religion. Die Idee von Haydns Schöpfung ist natürlich vom christlichen Glauben geprägt – entsprechend ist die Synagogalmusik natürlich durch den jüdischen Glauben geprägt. Und das gilt für die anderen Musiken und Künstler entsprechend genauso. Es war uns aber sehr daran gelegen, ein Konzert zu konzipieren, in dem alle Weltreligionen auf gleicher Augenhöhe miteinander kommunizieren. Wir wollen also nicht etwas zusammenwerfen, was eigentlich gar nicht zusammen gehört und wir wollen keinen Mischmasch machen, um letztendlich vielleicht doch mit den anderen Künstlern zusammen einen Teil aus Haydns Schöpfung  aufzuführen. Wir wollen stattdessen auf Augenhöhe Gemeinsamkeiten entdecken und die mit den musikalischen Facetten aus den unterschiedlichen kulturellen und religiösen Prägungen dann auch ganz farblich darstellen.

domradio.de: Was sollen die Zuhörer von dem Konzert mitnehmen?

Reif:  Die Zuhörer sollen erleben, dass – obwohl die Religionen so unterschiedlich sind – doch sehr viele Gemeinsamkeiten da sind. Ich glaube, dass man langsam anfangen sollte - oder es hat schon angefangen und da wollen wir gerne mitmachen - mehr die Gemeinsamkeiten zu betonen als das, was wir die in den letzten 2000 Jahren gemacht haben: nämlich die Unterschiede zu betonen und dadurch auch ein moralisches Urteil zu fällen.

Das Interview führte Mathias Peter.

 


Michael Reif / © Europäischer Kammerchor
Michael Reif / © Europäischer Kammerchor
Quelle:
DR