Die Frankfurter Islamforscherin Susanne Schröter (61) zeigte sich am Mittwoch erleichtert und kämpferisch zugleich. Die im Internet gegen sie gestartete Hetzkampagne, die ihr anti-muslimische Ressentiments vorwarf und ihre Entlassung aus dem Professorenamt forderte, sei "komplett im Abseits geendet". Eine anonyme Gruppe hatte das Ziel verfolgt, die von Schröter verantwortete Konferenz "Das islamische Kopftuch - Symbol der Würde oder der Unterdrückung?" an diesem Mittwoch an der Goethe-Universität zu verhindern.
"Es war der Versuch, missliebige Forschung zum politischen Islam zu diskreditieren und unmöglich zu machen", sagte Schröter, die das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam (FFGI) an der Goethe-Universität leitet. Doch nicht nur das Präsidium der Uni und der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) hatten sich öffentlich umgehend hinter die Ethnologie-Professorin gestellt und die Wissenschaftsfreiheit betont. "Ich habe auch viele Solidaritätsadressen quer durch alle politischen Lager bekommen", sagte Schröter am Mittwoch bei der Eröffnung der Konferenz.
Um die Urheber kümmert sich nun der Verfassungsschutz
Eine Stunde zuvor hatte sie in einem Pressegespräch allerdings auch "zu Wachsamkeit" aufgerufen. Die Initiatoren der Kampagne hätten "ein Exempel statuieren" und erreichen wollen, dass über das Kopftuch nicht diskutiert werden sollte. "Man wollte sehen, wie weit man damit kommt" und "ob sich Massen mobilisieren lassen". Doch die öffentlichen Reaktionen hätten gezeigt, dass es in Deutschland keinen Boden dafür gebe. "Dieser Angriff" auf die Wissenschaftsfreiheit sei "komplett abgewehrt worden", sagte Schröter. Um die Urheber kümmere sich nun der Verfassungsschutz. Die anonyme Gruppe "Uni gegen AMR - Kein Platz für Anti-Muslimischen Rassismus" hatte auf Instagram unter #Schröter_raus Stimmung gegen die Islamforscherin gemacht.
Die wohl von Islamisten gesteuerte Aktion, die die Kopftuch-Konferenz in Frankfurt verhindern wollte, erreichte letztlich das Gegenteil. Es gab 700 Anmeldungen, weit mehr als erwartet, so Schröter. Da seit 20 Jahren in Deutschland über das Kopftuch diskutiert werde, habe sie ursprünglich gedacht: "Hoffentlich kriege ich den Raum voll." Nun war der Andrang so groß, dass die Veranstalter mehr als 500 Personen auf einen Livestream der Konferenz verweisen mussten.
"Das Kopftuch ist ein Symbol, nicht nur ein Kleidungsstück"
Schröter betonte, sie unterscheide zwischen dem Kopftuch, das Frauen in einer freien Gesellschaft freiwillig trügen und einem "repressiven System", das in vielen islamischen Ländern strenge Bekleidungsvorschriften mache, etwa in Südostasien. "Das Kopftuch ist ein Symbol, nicht nur ein Kleidungsstück", sagte Schröter. Sie kritisierte damit auch die Ausstellung "Contemporary Muslim Fashions" im Frankfurter Museum Angewandte Kunst.
Noch deutlicher wurde die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer. Es sei "höchste Zeit für das Ende der Sprechverbote", sagte die Gründerin und Herausgeberin der Frauenzeitschrift "Emma" bei der Konferenz. "Es kann nicht angehen, dass jeder, der das Kopftuch und das ganze System, das dahintersteht, kritisiert, als Rassist bezeichnet wird." Millionen Frauen in der Welt seien "zwangsverschleiert", kritisierte Schwarzer. 35 Länder seien inzwischen von Islamisten beherrscht oder regiert. Nicht nur der Iran sei "unter die Knute des politischen Islam" geraten. Der politische Islam habe "seinen Siegeszug" in die Welt angetreten.
In Deutschland habe man "im Namen einer falschen Toleranz" zu lange weggeschaut, kritisierte Schwarzer. Die Politik müsse schnell begreifen, dass es sich beim politischen Islam um eine "gefährliche Ideologie" handele. "Mein These lautet: Das Kopftuch ist die Flagge des politischen Islam. Es ist kein religiöses Zeichen, sondern ein politisches." Ihren Vortrag schloss die bekennende Feministin mit dem Hinweis: "Den Männern, die das Kopftuch befürworten, empfehle ich einfach mal, das aufzuziehen."