DOMRADIO.DE: Am Wochenende feiern Sie 25-jähriges Jubiläum des Klosters in Höxter-Brinkhausen. Damals als die koptisch-orthodoxe Kirche dieses Kloster erwarb, war der Zustand sehr schlecht, oder?
Bischof Anba Damian (Bischof der Diözese der koptisch-orthodoxen Kirche in Nord-Deutschland): Das war eine ganze große Katastrophe. Drei Flügel waren im Ruinenzustand! Praktisch ohne Strom, Wasser, Kanalisation, Gas, Heizung oder Telefon. Innen drin war alles eiskalt, dunkel, feucht und muffig. Sehr viel alte Matratzen, leere Weinflaschen, Bierdosen und tote Tiere. Es war ein Zustand der Orientierungslosigkeit.
DOMRADIO.DE: Sie waren von Anfang an dabei. Sie haben den Schlüssel bekommen von der damaligen Bürgermeisterin, aber sie mussten jetzt nicht einfach nur renovieren und aufräumen. Sie konnten nicht schalten und walten, wie sie wollten. Da war ja auch dieser Denkmalschutz.
Damian: Frau Bürgermeisterin Dorothea Baumgarten hat mir den symbolischen Schlüssel überreicht, mit dem ich überhaupt nichts öffnen konnte, denn das war alles zugemauert! Trotzdem waren wir konfrontiert mit sehr detaillierten Auflagen der Denkmalbehörde. Aber für uns Ägypter war das eigentlich keine neue Kunst, die Wände neu zu verputzen mit Lehm, Kalk und Quark. Für uns Ägypter ist das eigentlich eine bekannte Kunst- und Bauweise schon seit den Pharaonen. Und daher war die Entscheidung, überhaupt das Gebäude den Kopten zu überlassen, goldrichtig. Und heute ist die Bezirksregierung in Detmold, aber auch das Land Nordrhein-Westfalen, auf diese gute Entscheidung sehr stolz.
DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie haben das tatsächlich alles in Eigenarbeit und Eigenregie gemacht.
Damian: Ja, wir Ägypter beherrschen diese Kunst. Die Israeliten lebten im Lande Ägypten, holten Schlamm, trampelten in diesem Schlamm herum und machten daraus Lehmziegel. Das war genau auch die Auflage der Denkmalbehörde in Münster. Wir mussten genau danach handeln. Aber für uns war das ja eine bekannte Kunst. Ehrlicherweise hatten wir einen ausgezeichneten und liebenswürdigen Beamten von der Unteren Denkmalbehörde, der uns motiviert und begleitet hat. Und mit seiner wunderbaren pädagogischen Art war es möglich, auch die Liebe zum Denkmal zu gewinnen. Und inzwischen identifizieren wir uns auch mit diesem Werk.
DOMRADIO.DE: Sie sind zuständig für 12.000 koptisch-orthodoxe Christen in Deutschland. Ist denn Ihr Wohnsitz in Höxter jetzt auch ein Ort, an dem viele Mitglieder dieser großen Gemeinde vorbeikommen?
Damian: Das Kloster gilt als der Mittelpunkt für sehr viele Kopten im Inland und im Ausland. Von hier aus fahre ich überall hin, um meine Schäfchen zu betreuen. Ich darf die gesamte koptische Kirche bundesweit vertreten in Bezug auf Ökumene und öffentliches Leben. Ich habe aber die Verantwortung auch für die pastorale Seelsorge der nördlichen Hälfte Deutschlands. Ich habe einen sehr liebenswürdigen und heiligmäßigen Mitbruder, seine Exzellenz Bischof Michael, der im Taunustal sitzt und sich um die südliche Hälfte Deutschlands kümmert. Von hier aus pflegen wir die ökumenischen Beziehungen und bilden eine Brücke zum Heimatland Ägypten - aber auch zur Mutterkirche in Ägypten.
DOMRADIO.DE: Sie haben gerade die Schäfchen erwähnt und sie sind ja jetzt aktuell noch dabei, das Außengelände zu renovieren. Ich habe gelesen, Sie wünschen sich da auch Tiere in der Zukunft.
Damian: Das ist wahr. Wir haben einen traumhaften Klosterweg zusammen mit den Dorfbewohner geschaffen. Mit den eigenen Händen haben die Dorfbewohner die Pflastersteine verlegt. Es war eine sehr harmonische Zusammenarbeit, eine Herzensfreude zu sehen, wie wir als ein Bestandteil dieses Dorfes behandelt werden. Wir haben viel Liebe, viel Herzlichkeit, erfahren können und das Ergebnis ist wirklich einmalig und einzigartig auf Bundesebene. Inzwischen wird ein großer Garten geplant in Zusammenarbeit mit der Agrarschule in Höxter, so dass wir eine Kleintierhaltung und auch einen Gemüsegarten errichten können. Dann können wir die Gäste des Klosters bestens versorgen.
DOMRADIO.DE: Im vierten Flügel des Klosters ist die katholische Gemeinde aus dem Ort beheimatet. Wie klappt das?
Damian: Fabelhaft. Wir sind wie eine Familie. Wir vertreten einander, wir besuchen einander. Wir begleiten unsere Gruppen, die zu uns kommen, in die katholische Kirche. Wir erzählen die Geschichte, wir zeigen die prachtvollen Fenster. Wir kennen inzwischen die Erklärung des Altars, der Orgel und der sakralen Kunstgegenstände in dieser wunderbaren Kirche. Wir haben einen großartigen Pfarrer, mit dem wir in voller Harmonie zusammenarbeiten, auch mit dem Kirchenvorstand und dem Kirchengemeinderat. Ich habe hier eine der besten katholischen Gemeinden Deutschlands. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es noch etwas Besseres gibt. Allerdings muss ich auch an dieser Stelle sagen, dass wir auch eine fabelhafte Beziehung zu der Gemeinde Maria Frieden in Göttingen haben. Wir fühlen wir uns sehr wohl. Wir sind wie eine richtige Familie.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.