Kreative Kirche: Seniorenmessdiener übernehmen Altardienst

"Mit Begeisterung dabei"

In Zeiten von Priestermangel und leeren Kirchenbänken mobilisieren manche Gemeinden ganz neue Kräfte: In Korschenbroich-Glehn sorgen Seniorenmessdiener dafür, dass der Pfarrer auch wochentags nicht allein am Altar steht.

Messdiener mit einem Weihrauchfass / © Lukas Barth (KNA)
Messdiener mit einem Weihrauchfass / © Lukas Barth ( KNA )

DOMRADIO.DE: Passen Ihnen die Messdienergewänder eigentlich noch?

Hans Dieter Schulz (Zweiter stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes Sankt Pankratius in Korchenbroich-Glehn / Rhein-Kreis Neuss): Ja, die passen uns noch, und zwar, weil uns der Kirchenvorstand natürlich passende Messdienergewänder zur Verfügung gestellt hat, die unseren Körpermaßen entsprechen.

DOMRADIO.DE: Sie dienen ja hauptsächlich in den Werktagsmessen. Am Wochenende stehen dann die Jungen wieder am Altar. Wieso ist Ihnen persönlich dieser Dienst so wichtig? Warum haben Sie gesagt: Ich will da mitmachen?

Schulz: Es ist mir deshalb wichtig, weil in vielen Kirchen der Priester an Wochentagen und sogar bei Beerdigungen allein ist. Ich finde das nicht okay. Es ist ja so, dass sich ein Priester alleine am Altar ein bisschen verloren vorkommt, denn er muss ja alles selber machen. Und für die Gemeinde ist es auch nicht schön. Wir haben wochentags immerhin noch zwischen 30 und 50 Kirchenbesucher bei uns in der Kirche. Deshalb finden wir es besser, wenn da Messdiener den Messdienerdienst versehen.

DOMRADIO.DE: War es für Sie schwierig, Mitstreiter zu finden oder war sofort klar, dass es eine große Truppe wird?

Schulz: Das Ganze ist aufgebaut worden vor ungefähr zwölf Jahren. Ich war bei der Gründung selber nicht dabei. Die Truppe ist von Hermann Buchkremer seinerzeit in Absprache mit unserem Pfarrer Michael Tewes gegründet worden. Er hat sofort sechs oder sieben Mitstreiter gefunden. Nach und nach wurden dann andere angesprochen, darunter auch ich, ob wir nicht bereit wären, da mitzumachen. Ich kenne niemanden, der nicht mit Begeisterung dabei ist.

DOMRADIO.DE: Sie sind hauptsächlich Männer im Moment, wünschen sich aber ja auch Frauen als Seniorenmessdiener. Bisher zieren sich die Damen noch ein bisschen. Wieso ist das so?

Schulz: Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass Frauen zum Altardienst erst sehr spät zugelassen worden sind und die Damen, die sich in unserem Alter befinden, diese Ausbildung noch nicht mitgemacht haben. Sie haben natürlich jetzt Angst, Fehler zu machen - so vermute ich. Gesagt wird das natürlich nicht. Die sagen einfach: Ich bin ja noch nie Messdiener gewesen, also mache ich das nicht. Wir finden das alle schade, dass wir nur eine reine Männertruppe sind.

DOMRADIO.DE: Mussten Sie erst einmal wieder neu reinkommen in diesen Dienst oder ist das ein bisschen wie Fahrradfahren, das verlernt man nicht?

Schulz: Ein bisschen ist es schon wie Fahrradfahren, aber wie ein Fahrrad sich zum Pedelec verändert hat und anders bedient werden will, so ist es natürlich auch heute. Wir haben ja heute das Stufengebet nicht mehr, das wir früher noch auswendig lernen mussten, sogar auf Latein. Das gibt es ja heute alles nicht mehr. Ein bisschen neu lernen mussten wir schon, aber der Unterbau saß.

DOMRADIO.DE: Man muss sagen, Sie nehmen den Jungen ja wirklich keinesfalls etwas weg. Ihre Gemeinde verfügt über einen Messdienerstamm, von dem können andere nur träumen. 

Schulz: Ja, wir haben über 120 Messdienerinnen und Messdiener. Da überwiegt sogar der Frauenanteil bei uns. Wir nehmen den Jungen natürlich nichts weg. Wir wollen sie ergänzen. Wir dienen nur dann, wenn die jungen Messdiener nicht können: In der Woche morgens und dann natürlich auch bei Beerdigungen. Und einmal im Jahr, am Christkönigs-Sonntag, wenn bei uns die Aufnahme der neuen Messdiener stattfindet, dienen wir alle gemeinsam. 

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR
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