Die Debatte um das Kreuz und die Bibelzitate an der Kuppel des wiedererrichteten Berliner Stadtschlosses nimmt wieder an Fahrt auf. In einer am Mittwoch veröffentlichten Pressemitteilung des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CDU/CSU warf deren Ländervorsitzender für Berlin und Brandenburg, Günter Nooke, Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) "Intoleranz gegenüber dem christlichen Glauben sowie den eigenen geschichtlich-kulturellen Wurzeln" vor.
Entgegen der Weltoffenheit
Nooke bezog sich auf Äußerungen der Kulturstaatsministerin, dass das Kreuz und die Inschrift dem Bekenntnis des Humboldt Forums zu Weltoffenheit entgegenstünden. Das im Schlossbau untergebrachte Forum vereint Berlins völkerkundliche Sammlungen. Es will sie auch religionsübergreifend und mit Blick auf die Beteiligung der Kirchen am Kolonialismus darstellen.
Belastung seit der Wiedererrichtung
Für dieses Konzept sehen die Bundeskulturbeauftragte Roth und weitere Kritiker in der Kuppelinschrift seit der Wiedererrichtung des Schlosses eine Belastung. Der vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) aus mehren Bibelversen zusammengesetzte und nun rekonstruierte Text lautet: "Es ist kein ander Heil, es ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn der Name Jesu, zu Ehren des Vaters, daß im Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Kniee, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind."
Inschrift müsse sichtbar bleiben
Wie die Bundesregierung bereits nach einer Kleinen Anfrage der Unions-Bundestagsfraktion erklärt hatte, sieht auch sie eine Problematik in einer "politisch und religiös interpretierbaren Wiederherstellung der monarchischen und christlichen Symbolik" an dem Bau. Die Regierung begrüßte ein geplantes Kunstprojekt der Stiftung Humboldt Forum, bei dem die historische Inschrift zeitweilig "mit alternativen, kommentierenden und reflektierenden Texten" überblendet werden soll. Derzeit werde geprüft, inwieweit das Projekt technisch realisierbar sei.
Dazu erklärte am Mittwoch die kultur- und medienpolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion, Christiane Schenderlein (CDU), dass die Inschrift sichtbar bleiben müsse. Eine als Kunstinstallation deklarierte Überblendung "lehnen wir vehement ab", erklärte sie für die Fraktion. Die geplante Einordnung der Bibelzitate auf einer Informationstafel sei bereits "ein Kompromiss, der völlig ausreichend ist".
Roth hält dagegen
Roth erklärte, laut der Nachrichtenagentur Evangelischer Pressedienst, dass die Inschrift erhalten bleiben: "Es wird nur sichtbar gemacht, dass sich das Humboldt Forum mit ihrer Aussage kritisch auseinandersetzt. Es sei befremdlich, wenn sich Teile der CDU von ihrer eigenen ehemaligen Kulturstaatsministerin distanzierten. Monika Grütters (CDU) war als Vorgängerin von Roth ebenfalls Stiftungsratsvorsitzende des Humboldt Forums. Während der Amtszeit der CDU-Politikerin wurde das Projekt zur künstlerischen Einordnung bereits im November 2021 dem Stiftungsrat vorgestellt.
Die vom Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. aus zwei Bibel-Zitaten zusammengestellte Inschrift sei kein "unpolitisches Zeichen von Religiosität", sagte Roth. Die Zitate seien "eindeutig eine politische Botschaft, die den allein von Gott abgeleiteten Herrschaftsanspruch des Preußenkönigs untermauert".
Machtanspruch auf Gott begründet
Grundgesetz und Demokratie stünden nicht in der Traditionslinie eines repressiven Königs- und Kaisertums, das seinen Machtanspruch allein auf Gott begründete, hieß es weiter. Vor diesem Hintergrund begrüßte Roth die Debatte über den Umgang mit den Bibel-Zitaten.
"Die Bundesregierung begrüßt, dass die Stiftung Elemente der Rekonstruktion des Berliner Schlosses durch geeignete Formate und Maßnahmen kontextualisieren wird", heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Eine Informationstafel mit einer historischen Einordnung der Bibel-Zitate und des Kuppelkreuzes soll in den kommenden Monaten auf der Dachterrasse des Humboldt Forums errichtet werden.