Kritik an Auszeichnung für Bethlehemer Pfarrer Mitri Raheb

Ein würdiger Preisträger?

Die geplante Auszeichnung des palästinensischen Pfarrers Mitri Raheb mit dem Deutschen Medienpreis stößt bei jüdischen Organisationen auf immer schärfere Kritik. Die Berliner Jüdische Gemeinde bezeichnete die Preisverleihung als unangemessen. Die Vorwürfe sind drastisch: Von "Hetze" gegen Israel, "Rassismus" und "Antisemitismus" ist die Rede.

Autor/in:
Johannes Zang
 (DR)

Der seit 1992 jährlich vom Baden-Badener Unternehmen Media Control vergebene "Deutsche Medienpreis" lebt in erster Linie von der Prominenz der Preisträger, zu den Geehrten zählen beispielsweise Angela Merkel, der Dalai Lama, Steffi Graf oder Bill Clinton. Am Freitag sollen nun aber vier Personen geehrt werden, die bislang "keine Schlagzeilen in den Medien gemacht" hätten, wie das Unternehmen vor einigen Wochen ankündigte.



Das stimmt nun nicht mehr, denn gegen die Auszeichnung des palästinensischen Pfarrers in Bethlehem, Mitri Raheb, wandten sich zahlreiche Organisationen, darunter die Deutsch-Israelische Gesellschaft, der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und die Jüdische Gemeinde zu Berlin. Raheb versuche in seiner Theologie, "Jahrhunderte alte judenfeindliche Stereotypen palästinensisch neu zu beleben", urteilten etwa die Gesellschaften für Christlich-jüdische Zusammenarbeit.



Einsatz für gewaltlosen Widerstand

Wer aber ist Mitri Raheb? Seit 1988 ist der heute 50-jährige Theologe Pfarrer der Weihnachtskirche in Bethlehem, die zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land gehört. Zeitlebens setzt sich der selbst aus Bethlehem stammende Palästinenser für den gewaltlosen Widerstand gegen die "israelische Besatzungspolitik" in Palästina ein. Er ist Mitautor des heftig debattierten "Kairos-Papiers" von 2009, in dem palästinensische Christen ihre Lage mit denen der Schwarzen im südafrikanischen Apartheidregime verglichen.



Bereits Mitte der 1990er Jahre gründete Raheb das Internationale Begegnungszentrum in Bethlehem - ein Ort, an dem Muslime und Christen, aber auch internationale Gäste mit- und voneinander lernen sollen. Mit Dutzenden von Mitarbeitern sorgt es im kulturarmen Bethlehem regelmäßig für Konzerte, Theateraufführungen, Lesungen, Konferenzen und Fortbildungskurse. Sein jüngstes Projekt ist eine Art Fachhochschule mit den Studienfächern Kunst, Musik, Medien und Tourismus.



In Marburg studiert

Raheb, der in Marburg Theologie studiert hat, spricht gerne Klartext. Von ihm stammt der Ausspruch "Wir sind nicht arm, die Besatzung macht uns arm." Kritik übte er wiederholt auch an ausländischen Politikern, etwa an der deutschen Kanzlerin, als sie

2008 den Nahen Osten besuchte: "Wenn man wirklich Frieden will, dann muss man die Mauer stoppen. Wir hätten von Frau Merkel gerne einen halben Satz zur Mauer gehört. Es kam nichts." Den internationalen Medien wirft Raheb vor, "nur über Attentäter" zu berichten, und die gewaltlose Mehrheit der Palästinenser zu ignorieren.



In der Begründung für die für Freitag geplante Verleihung des "Deutschen Medienpreises" wird Raheb nun gewürdigt, weil er sich "trotz vieler Rückschläge und Bedrohungen für die Verständigung von Christen, Moslems und Juden" einsetze. Die von ihm aufgebaute Infrastruktur von Schulen, Gesundheitszentren und Begegnungsstätten machten "das alltägliche Leben für die Menschen in Bethlehem leichter", Rahebs Wirken sei damit "die Alternative zu Gewalt und Radikalisierung".



"Ganz klar antisemitisch"

Dieser Analyse trat die Deutsch-Israelische Gesellschaft entgegen: Raheb sei keineswegs ein Friedensstifter. Und die Gesellschaften für Christlich-jüdische Zusammenarbeit in der Bundesrepublik wandten sich in einem Brief an den als Laudator der Preisverleihung vorgesehenen Altbundespräsidenten Roman Herzog: Rahebs "palästinensische Befreiungstheologie" sei "ganz klar antisemitisch", Herzog dürfe nicht Rahebs "Juden- und Israelfeindschaft" übergehen.



Gegen diese Vorwürfe wandten sich wiederum unter anderen der badische evangelische Landesbischof Ulrich Fischer und dessen pommerscher Amtskollege Hans-Jürgen Abromeit. Die "Diffamierungen" von Raheb seien "ungerechtfertigt", so Abromeit. Raheb sei vielmehr "eine zutiefst vom christlichen Glauben in evangelisch-lutherischer Tradition geprägte Persönlichkeit, die es wagt, Kritikwürdiges beim Namen zu nennen".