"Menschen mit Behinderung spielen offensichtlich eine untergeordnete Rolle in diesem Land", sagte der evangelische Theologe aus dem niedersächsischen Holzminden am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch die Paralympics würden daran kaum etwas ändern. Sinnbildlich für diese Beobachtung stehe der frühzeitige "Rückbau der Barrierefreiheit", kritisierte Bode. Manche der behindertengerechten Einrichtungen, die für die vom 7. bis zum 18. September ausgetragenen Spiele geschaffen worden seien, hätten nicht einmal die Paralympics selbst überdauert. "An der zentralen Busstation wurde eine Brücke für Rollstuhlfahrer bereits nach einer Woche abgebaut."
"Paralympics waren Spiele des Volkes"
Bode war als einziger Seelsorger der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gemeinsam mit einem katholischen Kollegen bei den Paralympischen Spielen, um das deutsche paralympische Team mit seinen 155 Athleten, mit Trainern, Ärzten und Betreuern bei den Wettkämpfen und im olympischen Dorf zu begleiten. Die Spiele mit rund 4.350 Athleten aus mehr als 160 Ländern waren am Sonntag zu Ende gegangen.
Zu den besonderen Erinnerungen zähle für ihn, dass viele Sportler offenbar nicht vergaßen, in welchem Umfeld die Paralympics stattfanden, betonte Bode. "Einige Teams haben den Blick über den Tellerrand gewagt, haben Favelas besucht, Waisenkinder in der Peripherie ihre Aufmerksamkeit geschenkt und Kooperationen und weiterführende Unterstützung zugesagt." Die Paralympics seien mit zum Ende hin ausverkauften Rängen auch zu "Spielen des Volkes" geworden, sagte Bode. Die Brasilianer hätten die herausragenden Leistungen der Sportler mit großer Leidenschaft und Begeisterung gefeiert.
Thomas Bach fehlte
Kritik an der Organisation der Spiele kam unterdessen von der Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, der zwölffachen Goldmedaillen-Gewinnerin bei Paralympics, Verena Bentele. Sie nahm den Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach in die Pflicht: "Dass Herr Bach in zehn Tagen keine Zeit gefunden hat, in Rio aufzutauchen, ist definitiv kein gutes Signal an die paralympische Bewegung", sagte Bentele der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag).
Auch die Chance, bei der olympischen Schlussfeier in Rio auf die Paralympics hinzuweisen, «wurde komplett verpasst», kritisierte Bentele: "Thomas Bach hat die Paralympics in seiner Rede bei der olympischen Schlussfeier mit keinem Wort erwähnt. Das geht überhaupt nicht." Kritisch bewertete die Expertin auch die fehlenden Standards beim Umgang mit Doping: "Es wird bei Olympia praktisch alles reguliert: welche Werbung erlaubt ist, welche Getränke verkauft werden dürfen. Aber es wird nicht reguliert, wie sauber der Sport ist. Da stimmt in meinen Augen etwas nicht." Die olympische Idee sei etwas sehr Zerbrechliches, betonte Bentele. Damit müsse man sehr behutsam umgehen. "Die Idee ist aber weiterhin gut: Dass sich Menschen aus allen Ländern treffen, Männer und Frauen mit unterschiedlicher Religionszugehörigkeit, große, kleine, mit Behinderungen, die tolle Leistungen bringen, die gemeinsam Sport treiben, gemeinsam spielen." Das verkörpere die Akzeptanz von Vielfalt und friedlichem Miteinander, die man in einer Gesellschaft brauche. "Aber wir müssen diese Idee dringend schützen und verteidigen. Sonst wird es bald eine sehr geringe Akzeptanz für Olympia und Paralympics geben."