Kritik von Betroffenen an emeritierten Erzbischof Zollitsch

Eine bedrohliche Machtdemonstration

Der Freiburger Betroffenenbeirat hat die Video-Äußerung des früheren Freiburger Erzbischofs Robert Zollitsch zu sexualisierter Gewalt und Vertuschung als unzureichend kritisiert. Es habe keine Möglichkeit des Dialogs gegeben.

Robert Zollitsch, emeritierter Erzbischof von Freiburg / © Harald Oppitz (KNA)
Robert Zollitsch, emeritierter Erzbischof von Freiburg / © Harald Oppitz ( KNA )

Viele Betroffene hätten das Video als eine bedrohliche Machtdemonstration empfunden, schreibt der Beirat in einem am Dienstag veröffentlichten Brief an den früheren Bischofskonferenz-Vorsitzenden Zollitsch.

"Sie haben Ihre Version der Wahrheit im Internet platziert, ohne die Möglichkeit eines Dialoges. In unseren Biografien wiederholt sich damit etwas. Als Kinder und Jugendliche haben wir schon einmal erlebt, dass mächtige Kirchenvertreter definieren, was die Wahrheit ist, und unsere Perspektive weder gehört noch ernst genommen wurde", so die Sprecherin des Beirats, Julia Sander.

Die im Video formulierte Bitte um Verzeihung sei unangebracht, solange Zollitsch nicht mehr für Betroffene leiste und ihnen einen echten Dialog anbiete.

Beirat fordert Stiftungsgründung von Zollitsch

Der Beirat forderte Zollitsch auf, eine Stiftung zugunsten von Missbrauchsbetroffene zu gründen. Er solle seine Beziehungen nutzen, um Gelder für die bis heute Leidenden bereitzustellen. Geld könne keine Traumata heilen, so der Beirat. "Doch wir alle wissen, dass das, was Traumata heilen lässt, Geld kostet." Zollitsch müsse auch die amtierenden Bischöfe auffordern, mehr für Betroffene zu tun.

Erzbischof em. Robert Zollitsch (Archiv) / © Harald Oppitz (KNA)
Erzbischof em. Robert Zollitsch (Archiv) / © Harald Oppitz ( KNA )

Scharf kritisieren die Betroffenenvertreter, dass Zollitsch seine Verdienste zur Aufarbeitung aufzähle. Der emeritierte Erzbischof verweigere eine volle Verantwortungsübernahme, so die Kritik. Auch sei es entlarvend, dass Zollitsch auf seiner Internetseite mit dem Video keine Kontakt- und Hilfsmöglichkeiten für Betroffene anführe.

Statt nur auf Anwälte und Medienberater zu setzen, müsse er stärker die Perspektive der Betroffenen berücksichtigen. "Verzeihen ist für Betroffene frühestens dann möglich, wenn Sie alles getan haben, was in Ihrer Macht liegt."

Nach langem Schweigen Fehler eingeräumt

Der frühere Bischofskonferenz-Vorsitzende hatte am 6. Oktober nach langem Schweigen große Fehler und persönliche Schuld im Umgang mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt und Missbrauch eingeräumt.

Erzbischof em. Robert Zollitsch (Archiv) / © Jörg Loeffke (KNA)
Erzbischof em. Robert Zollitsch (Archiv) / © Jörg Loeffke ( KNA )

In dem Video bat er Opfer und ihre Familien um Verzeihung, "für das zusätzliche Leid, das Ihnen mein Verhalten bereitet hat". Konkrete Hinweise zu persönlichem Fehlverhalten gab er nicht. Zugleich betonte er, nach 2010 Anstöße für Aufarbeitung und Prävention gegeben zu haben.

Das Handeln Zollitschs, der im Erzbistum Freiburg zunächst als Personalchef und dann als Bischof Verantwortung trug, wird auch in einer Studie zu sexualisierter Gewalt und Vertuschung im Erzbistum untersucht. Ursprünglich hätte die Studie an diesem Dienstag erscheinen sollen. Die Veröffentlichung wurde auf Ende April verschoben, um sie rechtssicher zu machen.

Erzbistum Freiburg in Zahlen

Das Erzbistum Freiburg ist eines der größten der 27 deutschen Bistümer. Es erstreckt sich über 16.300 Quadratkilometer. Dazu gehören Schwarzwald, Bodensee und Hochrhein, Oberrheinische Tiefebene, Odenwald, die Region Hohenzollern und Taubertal. Zusammen mit der Nachbardiözese Rottenburg-Stuttgart deckt es das Gebiet des Bundeslandes Baden-Württemberg ab.

Im Bistum arbeiten knapp 400 Priester und 600 weitere hauptamtliche Seelsorger: Gemeindereferenten, Pastoralreferenten, Diakone. Hinzu kommen ehrenamtlich Engagierte.

Freiburger Münster / © FooTToo (shutterstock)
Quelle:
KNA