Beim neuen EU-Mitglied Kroatien nimmt der Dauerkonflikt zwischen der katholischen Kirche und der sozialdemokratischen Regierung allmählich Züge eines Kulturkampfes an. Zuerst kippte das Verfassungsgericht auf Druck der Kirche den neu eingeführten Sexualkundeunterricht in den Schulen. Jetzt soll mit einer Volksabstimmung durchgesetzt werden, dass das christliche Idealbild der Ehe in die Verfassung als verbindlich aufgenommen wird. Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften müssen danach rechtlich schlechter gestellt werden.
In einer gewaltigen Kraftanstrengung hat die Kirche und die von ihr gesponserte Bürgerbewegung "Im Namen der Familie" über 700 000 Unterschriften für das Referendum gesammelt. Das sind 20 Prozent aller Wahlberechtigten. Und das in nur zwei Wochen. Seit Wochen laufen große Teile der kroatischen Gesellschaft gegen das Referendum Sturm. Prominente Künstler haben ein Video veröffentlicht, in dem sie ihre Anhänger zu Nein-Stimmen aufrufen. Speerspitze des medialen Widerstandes ist die große Zeitung "Jutarnji list", die sich deshalb schon einen Kaufboykott zugezogen hat.
Starke Kritik in den Medien
Die in Rijeka erscheinende Zeitung "Novi list" titelte "Die Hatz auf Schwule und Lesben hat jetzt auch amtlich begonnen". Es sei ein regelrechter "Kreuzzug" losgetreten worden. Die Kirche wolle "beweisen, dass die heilige Ehe das einzige Fundament der menschlichen Zivilisation ist", kommentiert die Zeitung. Das große Internetportal "Danas" bringt die Überschrift: "Wer sind die nächsten? Roma? Geschiedene? Unfruchtbare? Alleinerziehende?".
Bei Umfragen im Internet stimmen zwei Drittel mit Nein und ein Drittel mit Ja. Aber kaum jemand zweifelt, dass die gut organisierten Befürworter des Referendums ihre Anhänger mobilisieren werden. In den Kirchen werden die Gläubigen ermahnt, es sei ihre christliche Pflicht, an der Abstimmung teilzunehmen und mit Ja zu stimmen.