domradio.de: Ihre Illustrationen sind sehr farbenfroh, sie changieren zwischen konkret figürlich und abstrakt. Was war Ihnen wichtig bei dem Stil der Illustrationen?
Otmar Alt (Künstler): Ich wollte mich diesem Geheimnis, der Bibel und dem Spirituellen, persönlich nähern. Der Künstler versucht vielschichtig Botschaften zu geben. Zum Beispiel das positive Denken. Mir war sehr wichtig, die Lust zum Leben zu zeigen. Das Leben ist sehr kompliziert, sehr schwierig, aber das Leben hat auch viel Schönes. Wir bildenden Künstler, wir haben nicht das Wort, sondern wir haben die Farbe und die Form.
domradio.de: Welche Rolle hat denn dabei auch für Sie der Bibeltext gespielt?
Alt: Ich habe viel aus der Emotion des gelesenen Wortes gemacht. Ich finde, dass man auch mit diesen Dingen ein bisschen spielen kann.
Chagall zum Beispiel hat viele märchenhafte Dinge gemacht. Und ich habe einfach versucht das in der heutigen Zeit umzusetzen. Wir leben in einer Zeit, wo auch ein bisschen die Fantasie vernachlässigt wird. Ich finde es wichtig, sich mit den jüngeren Menschen auszutauschen, dass man sich gegenseitig anregt und sie anfangen zu erkennen und zu suchen.
domradio.de: Ihr Vater war Mitglieder der "Herrnhuter Brüdergemeine", sie selbst hatten in der Jugend ein eher reserviertes Verhältnis zum Christentum, haben sich dem aber wieder später angenähert. Welche Rolle spielt so ein Glaubensleben, wenn man sich mit der Bibel auseinandersetzt?
Alt: Ich will es so sagen: "Das Leben ist nur ein Versuch." Ich war bei Papst Franziskus. Ein toller bezaubernder Mensch. Ihm habe ich eine Bibel gewidmet mit eben diesem Spruch "Das Leben ist ein Versuch." Das hat Franziskus sehr gut gefallen.
domradio.de: "Versuch", das heißt es ist ein Prozess?
Alt: Man muss einfach auch mit sich selbst Geduld haben. Man muss auch suchen und finden. Dem Glauben war ich immer zugewandt und habe ihn für mich gespürt. Aber jetzt als älterer Mensch kommt da eine andere Verdichtung und das Erlebnis mit dem Papst, das war eine sehr aufregende Geschichte für mich.
domradio.de: Hat es Vorteile in der heutigen Zeit den Glauben zu suchen und zu finden?
Alt: Das Schöne in der heutigen Zeit ist, dass ich nicht konvertieren muss und dass wir miteinander umgehen können. Ich komme aus einer Zeit, da waren auf der einen Seite die Katholiken und auf der anderen die Protestanten. Jetzt nehmen wir noch die Herrnhuter dazu, die jetzt auch seit 300 Jahren bestehen. Versuchen wir einfach das Bestmögliche zu machen und reichen wir dem anderen die Hand.
domradio.de: Hat Ihnen die Arbeit an diesem Projekt auch nochmal eine andere Sicht auf den Glauben gegeben?
Alt: Auf jeden Fall. Für mich gibt es immer diese gewisse Symbolhaftigkeit. Ich sage die heilige Zahl drei: Das erste war das Triptychon von mir (Anm. d. Red.: drei einzelne Gemälde, die zusammen eine Einheit bilden), das in einer katholischen Kirche hängt, dann die Bibel und jetzt habe ich zum Reformationsgedenken eine Serie von Bildern zum Thema Luther der Reformator gemacht. Die wandern durch verschiedene katholische und protestantische Kirchen. Bildsituationen in der Bibel haben auch viel mit Toleranz zu tun. Das ist eine ganz wichtige Voraussetzung für dieses Leben, das wir führen.
Das Gespräch führte Christoph Paul Hartmann.