Dieses eine Jahr hat sie stark geprägt: Es ist schon eine Zeitlang her, dass die Studentinnen Hannah und Marie-Christine aus Bad Honnef bei Bonn im südafrikanischen Potchefstroom in einem Kinderheim ehemalige Straßenkinder betreut, sich um Aids-Waisen gekümmert und dabei mitgeholfen haben, Häuser für deren Familien zu bauen.
"Das bleibt unser Leben lang"
Nach dem Abitur ein Jahr lang mit dem "weltwärts"-Programm des Entwicklungsministeriums fast 9.000 Kilometer entfernt von zuhause: Doch der Kulturschock blieb aus. Noch immer treffen sich die Schwestern regelmäßig mit anderen Freiwilligen, halten Kontakt zum Deutsch-Südafrikanischen Jugendwerk, das den Aufenthalt organisierte. Noch immer verfolgen sie Meldungen aus Südafrika mit großer Aufmerksamkeit. "Das bleibt unser Leben lang", ziehen sie Bilanz.
Luft wird dünner
Egal ob Freiwilliges Soziales Jahr, Freiwilliges Ökologisches Jahr oder Bundesfreiwilligendienst: Fast 100.000 meist junge Menschen in Deutschland absolvieren pro Jahr einen Freiwilligendienst. Doch die Luft für die Angebote könnte künftig dünner werden. Während nicht nur Bundespräsident Frank Walter Steinmeier immer wieder einen sozialen Pflichtdienst ins Gespräch bringt, plant die Ampelkoalition bei den Freiwilligendiensten deutliche Kürzungen. Und das, obwohl im Koalitionsvertrag noch erklärt wurde, dass sie gestärkt werden sollen.
Millionenschwere Kürzungen
Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die Mittel für den Bundesfreiwilligendienst von aktuell 207 Millionen Euro auf 134 Millionen Euro im Jahr 2025 verringert werden. Bei den Jugendfreiwilligendiensten soll es von derzeit 120 Millionen Euro auf 80 Millionen Euro zurückgehen. Damit würden die staatlichen Mittel für ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr, den Bundesfreiwilligendienst und Internationale Einsätze in den kommenden beiden Jahren um insgesamt 113 Millionen Euro gekürzt. Das entspricht einer Reduzierung von mehr als einem Drittel der aktuellen Ausgaben.
Aus Sicht von Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) wären diese massiven Kürzungen "Gift für unser Miteinander". Statt einem dringend notwendigen Ausbau der Plätze und einer Stärkung der engagierten Träger werde Vertrauen verspielt.
Träger in angespannter Haushaltslage
Entsetzen herrscht auch bei den Trägern – von den Kirchen bis zu den Sozialverbänden kommt Protest. Der Bundesarbeitskreis Freiwilliges Soziales Jahr erklärte, Träger, Einsatzstellen und Freiwillige befänden sich schon jetzt in einer angespannten Haushaltslage. Die Differenz zwischen entstehenden Kosten – auch durch Inflation und Kostensteigerungen – und den Zuschüssen durch den Bund werde zunehmend größer. Weitere Kürzungen würden sich massiv auf die Qualität der pädagogischen Begleitung und auf die Weiterführung von Maßnahmen auswirken.
"Wenn tatsächlich 35 Prozent der Mittel gekürzt werden, bedeutet das für die Zukunft, dass die Freiwilligendienste nicht mehr in der gewohnten Form umgesetzt werden können", erklärte auch die Diakonie. Die drohenden Kürzungen stellten die Träger und Einsatzstellen vor unlösbare Herausforderungen. "Jede vierte Einsatzstelle würde wegfallen. Vielerorts können Freiwilligendienste in Zukunft nicht mehr angeboten werden", sagt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik des evangelischen Wohlfahrtsverbandes.
Orientierungsmöglichkeit würde entfallen
Aus ihrer Sicht lässt eine Kürzung der Freiwilligendienste vor allem junge Menschen im Stich, da ihnen diese Orientierungsmöglichkeit genommen werde. Die Kürzungen stellten aber auch die sozialen Einrichtungen wie Altenheime, Migrationsdienste oderKindereinrichtungen vor weitere Herausforderungen: Die Freiwilligen ermöglichten während ihres Dienstes zusätzliche Leistungen, diekünftig wegfallen werden. "Außerdem zeigen unsere Erfahrungen, dass rund zwei Drittel der Menschen nach ihrem Freiwilligendienst auch weiterhin dem sozialen Bereich verbunden bleiben. Eine Einschränkung der Freiwilligendienste als persönliche Erprobungszeit in sozialen Arbeitsfeldern wird den Fachkräftemangel weiter verschärfen", so Loheide.