Zum internationalen "Roma-Day" haben am Freitag in Berlin Politiker, Künstler und Holocaust-Überlebende die anhaltende Diskriminierung von Sinti und Roma in Deutschland und Europa kritisiert. Bei einer Kundgebung nahe dem Brandenburger Tor, an der auch Bundespräsident Joachim Gauck teilnahm, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), "wann immer Sinti und Roma diskriminiert, diffamiert oder angegriffen werden", müsse die Politik deutlich machen, dass es in der Gesellschaft keinen Platz für Antiziganismus gebe. Der Begriff Antiziganismus steht dabei für die Ausgrenzung von Sinti und Roma. Das Wort leitet sich ab vom Schimpfwort "Zigeuner".
Außer Stereotypen fast nichts bekannt
Özoguz betonte, Sinti und Roma gehörten auf Grund ihrer mehrere Jahrhunderte alten Geschichte zu Deutschland. Zugleich bemängelte sie eine große Unwissenheit über die Minderheit. "Die meisten Menschen wissen außer ein paar Stereotypen so gut wie nichts über die Sinti und Roma unter uns."
Der Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Uwe Neumärker, sagte, die Bekämpfung des Antiziganismus müsse Teil der Staatsräson werden. In einem Solidaritätsaufruf, der von Filmregisseur Rosa von Praunheim, MTV-Moderatorin Wana Limar und dem ehemaligen Fußball-Nationalspieler Arne Friedrich verlesen wurde, fordert ein Bündnis aus Zivilgesellschaft und Kultur die Anerkennung von Sinti und Roma als gleichberechtigte Bürger. Zudem müsse aus ihrer Heimat geflohenen Roma Schutz gewährt werden. Eine entsprechende Petition hatte das Bündnis bereits im Februar gestartet. Die Zahl der Angehörigen der Sinti und Roma in Europa wird auf mindestens zwölf Millionen geschätzt.
Zentralrat der Juden in Deutschland unterstützt Sinti und Roma
Unterstützung erhält die wegen ihrer staatenübergreifenden Verbreitung auch als transnational bezeichnete Minderheit der Sinti und Roma vom Zentralrat der Juden in Deutschland. Dessen Vizepräsident Mark Dainow erinnerte auf der Kundgebung an die schätzungsweise bis zu 500.000 ermordeten Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus. Die Juden in Deutschland solidarisierten sich mit der am stärksten diskriminierten Minderheit in der EU, so Dainow. Werte wie Toleranz, Respekt und Gleichberechtigung müssten für alle gelten.
Hauptredner der Kundgebung war der niederländische Sinto und Holocaust-Überlebende Zoni Weisz. Er forderte für Sinti und Roma dieselben Rechte und Chancen in Europa, wie sie allen anderen Einwohnern zustehen würden. Zu den Teilnehmern gehörten unter anderem auch die beiden Bundestagsvizepräsidentinnen Petra Pau (Linke) und Claudia Roth (Grüne) sowie zahlreiche Bundestagsabgeordnete und Kulturschaffende.
Zeichen gegen Antiziganismus
Eingeladen hatte dazu das "Bündnis für Solidarität mit den Sinti und Romas Europas", dem mehr als 20 Organisationen aus Politik, Zivilgesellschaft und Kultur angehören, unter anderem Amnesty International, das Berliner Maxim Gorki Theater, die Diakonie Deutschland, die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, die Arne Friedrich Stiftung und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Das Bündnis wollte mit der Veranstaltung und dem Aufruf ein Zeichen gegen Antiziganismus setzen.
Anlass war die Gründung des Welt-Roma-Kongress vor 45 Jahren, am 8. April 1971 in London. Es war die erste internationale Vereinigung dieser sogenannten transnationalen Minderheit.