Kunst der Etrusker und Römer jetzt auf Museumsinsel vereint

Aus dunklen Depots befreit

Einen umfassenden Einblick in die antike Kunst auf italienischem Boden bietet ab Freitag die Berliner Museumsinsel. Nach über 70 Jahren sind ihre Bestände etruskischer und römischer Kunst wieder im Alten Museum vereint.

Autor/in:
Inge Pett
 (DR)

"Die Wirkung der ausgestellten Arbeiten wird durch keinerlei inszenatorischen Schnickschnack beeinträchtigt", schwärmt Andreas Scholl, der Direktor der Berliner Antikensammlung. Anders als im "bleiernen Grau des völlig unzureichend beleuchteten Nordflügels im Pergamonmuseum" kommen die 700 Werke der Sammlung im lichten Obergeschoss des Alten Museums wieder voll zur Geltung - und auf 1.500 Quadratmeter Ausstellungsfläche auch erneut in ihrer ganzen Bandbreite. Sie reicht vom "Aufstieg einer Hochkultur" bis zu "Rom - Gesichter des Imperiums".

Der Ausstellungsort hätte passender nicht gewählt werden können. Im Stammhaus am Lustgarten hatte der Gelehrte Eduard Gerhard im 19. Jahrhundert die Etruskologie in Berlin begründet. Seit die Sammlung zu Kriegsbeginn 1939 evakuiert wurde, war sie nicht mehr in ihrer Gesamtheit zu sehen. Dank des Kuratoriums Museumsinsel von 16 internationalen Großunternehmen konnte die Neupräsentation nun realisiert werden. Scholl hebt auch die neue Beschriftung der Exponate hervor. Sie werden nicht nur benannt, sondern in deutscher und englischer Sprache auch anschaulich erklärt. Woher kommen die Etrusker? Was unterscheidet ihre Kultur von anderen Völkern?

Bereits im Eingangsraum begegnet der Besucher einem der wichtigsten Fundkomplexe der italienischen Frühgeschichte, dem etruskischen Kriegergrab aus Tarquinia mit über 100 Objekten. Es wurde 1896 in der Nekropole Monterozzi ausgegraben und gelangte kurz darauf in die Berliner Museen. Besonders bemerkenswert an der Kriegerausrüstung aus dem 8. Jahrhundert vor Christus ist ein Rundschild mit Rasseln auf der Rückseite.

Auch das pralle Leben hat seinen Platz
Auf seine Kosten kommt nicht nur, wer vor allem Heiligtümer und Nekropolen erwartet. Auch das pralle Leben hat seinen Platz. Viele der "Im Garten der Lüste" gezeigten Exponate wurden wegen ihrer Freizügigkeit bislang unter Verschluss gehalten, denn prüde waren die alten Etrusker beileibe nicht. Zu den bemerkenswertesten Stücken dieser Abteilung zählt die Statue des Berliner Hermaphroditen, des mythischen Sohns von Hermes und Aphrodite. Dieser verkörperte die Instabilität sexueller Identität und intersexuelle Schönheit.

Vorbei an der Herrlichkeit römischer Villen, wo in Nachfolge der Etrusker Luxus zur Lebensform kultiviert wurde, gelangt der Besucher in den Raum, in dem vor kurzem noch die ägyptische Herrschergattin Nofretete zu sehen war. Nun erwarten ihn dort Caesar und Kleopatra und andere Porträts aus der imperialen Epoche Roms. Die Charakterköpfe von Feldherren prangen neben tieftraurigen Kinderporträts - vermutlich Büsten aus Familiengräbern.

Ein seltenes Bronzediadem - verziert mit Lorbeerblättern und Blütenmedaillons - diente vermutlich einem Kybelepriester als Insignie. Doch es ist nur ein Kleinod unter vielen anderen in einer der bedeutendsten Sammlungen etruskischer Kunst außerhalb Italiens.