Kurienkardinal Walter Kasper

"Kirchen-Einheit in absehbarer Zeit möglich"

Obwohl die Wiedervereinigung der Christen durchaus denkbar sei, werde dennoch in Zukunft keine Einheitskirche entstehen – davon geht der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper aus.

Der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper / © Cristian Gennari (KNA)
Der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper / © Cristian Gennari ( KNA )

Eine Wiedervereinigung der Christen ist nach Einschätzung des früheren vatikanischen Chefökumenikers Walter Kasper in absehbarer Zeit möglich. Es werde aber keine Einheitskirche entstehen, "in der alles gleichgestaltet wird, sondern eine Einheit in versöhnter Verschiedenheit, in der auch die geschichtlich gewachsenen Formen respektiert werden müssen", sagte der Kurienkardinal am Samstag beim Neujahrsempfang der Erzdiözese Bamberg in Coburg. Auch Erzbischof Ludwig Schick rief zu energischen Anstrengungen für Ökumene und Kircheneinheit auf.

Die theologischen Differenzen, etwa in der Ämterfrage oder bei der Kommunionzulassung, sind nach den Worten Kaspers lösbar. Er verwies auf das von Papst Franziskus skizzierte Bild eines Polyeders. Dies ist ein vielflächiges Gebilde, ähnlich einem Bergkristall, das "in wunderbarer Weise reflektiert", wenn Licht darauf falle. "Das ist ein Bild, noch keine Lösung", fügte Kasper mit Blick auf eine mögliche Einheitskirche hinzu. "Aber das Bild deutet in eine Richtung, in die wir weitergehen können und müssen. Schritt für Schritt."

Austausch von Ideen und Gaben

Die ökumenischen Gespräche dürften nicht als Anpassung oder als Einigung auf dem kleinsten Nenner verstanden werden, ergänzte der langjährige Präsident des Päpstlichen Einheitsrates. Es gehe um den Austausch von Ideen und Gaben, "welche die verschiedenen Kirchen besitzen". Der Dialog solle nicht zu einer Verarmung der katholischen oder evangelischen Identität führen.

Nach den Worten des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick gab es im 16. Jahrhundert mehrere Reformationen. "Vielleicht sollten wir besser den Plural nehmen", betonte er. Auch katholische Reformer wie Ignatius von Loyola, Teresa von Avila, Karl Borromäus und Franz von Sales hätten das Ziel gehabt, die Christenheit zu erneuern. "An diese Erneuerung wollen wir denken und sie verheutigen", so der Erzbischof. Dadurch könnten die Christen auch der Einheit der Kirche wieder näher kommen.

Pastorale Lösungen

Zur Frage der Kommunionzulassung konfessionsverbindender Familien sagte Kasper, die Lösung dieses pastoralen Problems sei gar nicht so schwierig. Die Einheit der Kirche verbiete die Teilnahme von Nichtkatholiken in den meisten Fällen; doch die Sorge um die Gnade empfehle sie in manchen Fällen. "Das ist sehr flexibel formuliert", unterstrich der Kurienkardinal. Es gebe Raum für pastorale Lösungen, die meisten Priester kämen damit gut zurecht.

An dem Empfang im Coburger Kongresshaus Rosengarten nahmen mehr als 800 Persönlichkeiten aus Politik, Kirchen und Gesellschaft teil, unter ihnen Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, Gesundheitsministerin Melanie Huml (beide CSU) sowie die evangelische Regionalbischöfin Dorothea Greiner. Ein Grußwort hielt auch Coburgs Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD). Schick und Kasper trugen sich ins Goldene Buch der Stadt ein.


Quelle:
KNA