"Wir können nicht umhin, uns Sorgen über die heutigen Kriegsereignisse zu machen, die die heilige Weihnachtsfeier überschatten", schreibt der Moskauer Patriarch Kyrill I. in seiner Weihnachtsbotschaft, die in der Heiligen Nacht traditionell in allen Gottesdiensten der Kirche verlesen wird. Dennoch lehnte der Patriarch in dem vorab veröffentlichten Text den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine nicht ab.
Stattdessen ruft Kyrill I. zur "Treue zu unserer christlichen Berufung" auf. Es scheine manchmal, dass das Gute schwach und wehrlos sei und man selbst fast nichts bewirken könne. Aber das stimme nicht, so der Geistliche. Gott möge Erbarmen mit den Völkern der Heiligen Rus haben und "uns alle mit Frieden segnen", so der 76-Jährige. Das mittelalterliche Großreich Rus betrachten sowohl Russland als auch die Ukraine als ihren Vorläuferstaat.
Weihnachtsfeier vorverlegt
Weihnachten feiern russisch-orthodoxe Christen am 6. und 7. Januar, ebenso ein großer Teil der orthodoxen Ukrainer. Aus Protest gegen Russlands Angriffskrieg gegen ihr Land haben allerdings eine Reihe von Gemeinden der neuen eigenständigen Orthodoxen Kirche der Ukraine ihre Weihnachtsfeiern auf den 25. Dezember vorverlegt. Ihre Kirchenleitung hatte dies offiziell erlaubt. Das Oberhaupt, Metropolit Epiphanius, feiert jedoch in Kiew erst an diesem Samstag eine Messe zur Geburt Christi.
Kyrill I. hatte am Donnerstag zu einer 36-stündigen Feuerpause zum orthodoxen Weihnachtsfest aufgerufen. Russlands Präsident Wladimir Putin entsprach nach eigenen Angaben diesem Wunsch.
Kiew fordert Truppenrückzug
Kiew reagierte verwundert über die Ankündigung. Der Sekretär des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates, Olexij Danilow, sagte in einem TV-Interview, der Feind verstecke sich hinter christlichen Feiertagen. "Wo ist die Religion und wo sind die Priester?", so Danilow am Donnerstag. Es gebe eine einfache Lösung: Russland müsse seine Truppen aus der Ukraine zurückziehen.
Das Moskauer Kirchenoberhaupt ist ein wichtiger Verbündeter Putins. Kyrills Predigten für den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine sorgen seit Monaten international für Empörung. Großbritannien, Litauen und Kanada haben ihn wegen seiner Unterstützung des russischen Angriffs mit Sanktionen belegt.