Als "Bergfest" der Fastenzeit wird er gemeinhin bezeichnet, der vierte Fastensonntag. Tatsächlich sind je nach Anzahl und Lage der Feste und Hochfeste, die in die sechseinhalb Wochen vor Ostern fallen, etwa die Hälfte der vierzig Tage vorüber. Die Liturgie der Kirche setzt an diese Stelle den Laetare-Sonntag, der einen besonderen Stellenwert hat, was sich sowohl in den liturgischen Texten als auch in der sinnenhaften Ausgestaltung der Gottesdienste bemerkbar macht.
Ab Aschermittwoch entfällt in der Messliturgie nicht nur das Halleluja und an den Sonntagen der Gloria-Hymnus oder in der Stundenliturgie der sonntägliche Te Deum-Hymnus. Gedenktage der Heiligen können nur kommemoriert werden, sie werden also lediglich im Tagesgebet im Anschluss an die Gebetsbitte vom Fastentag erwähnt. Auch Votivmessen, also solche mit einem bestimmten Anliegen, können in der Fastenzeit – abgesehen von der Totenmesse – nicht gefeiert werden.
Blumenschmuck und Orgelspiel erlaubt
Optisch fällt in der Fastenzeit das Fehlen von Blumenschmuck auf den Altären auf. Auch darf die Orgel nur zur Begleitung des Gemeindegesangs verwendet werden, woran sich jedoch nur wenige Kirchenmusiker halten. Alles dies soll den Bußcharakter der Fastenzeit unterstreichen, heißt es im Directorium, dem liturgischen Fahrplan, den jede Diözese herausgibt und der in jeder Sakristei ausliegen sollte. Auch eine gute Läuteordnung setzt eine für diese liturgische Zeit akustisch besonders prägende Kombination der Glocken ein, die zu den Gottesdiensten rufen.
Der 4. Fastensonntag macht hier einen Schnitt: Blumen auf den Altären sind erlaubt, auch das Orgelspiel darf über das bloße Begleiten der Gemeindegesänge hinausgehen. Die liturgische Farbe Violett weicht an diesem Sonntag – sofern entsprechende Paramente vorhanden sind – dem Rosa. Dahinter verbirgt sich ein einfaches Farbspiel: Das Weiß der österlichen Freude durchdringt für einen Tag das Violett der Österlichen Bußzeit.
Eröffnungsvers prägt den Namen
Seinen Namen hat der Laetare-Sonntag vom Eröffnungsvers der Messfeier: "Freue dich, Stadt Jerusalem! Seid fröhlich zusammen mit ihr, alle, die ihr traurig wart. Freut euch und trinkt euch satt an der Quelle göttlicher Tröstung." – Dieser ist aus dem Buch Jesaja übernommen. Der Prophet – nach biblischer Forschung der "dritte Jesaja" – hat am Ende eine ganz besondere Vision, nämlich die der Verehrung Gottes durch alle Nationen. Jerusalem wird als Tochter Zion personifiziert, von der das Heil für alle Völker ausgeht.
Die Thematik greift schließlich auch Psalm 122 auf, dessen Verse in die Eröffnung der Messfeier eingebunden sind. Dieser Psalm gehört zu den Wallfahrtsliedern und besingt die Freude beim Hören der Absicht und Durchführung einer Wallfahrt nach Jerusalem, wo der Tempel steht, zu dem die "Stämme des Herrn", also hier eher auf die zwölf Stämme Israels beschränkt, hinaufziehen.
Psalm in britischer Krönungszeremonie
Beide Texte aus dem Buch der Psalmen und aus Jesaja sind in der Zeit nach dem Babylonischen Exil entstanden. Die Stadt Jerusalem mit ihren Mauern und dem Tempel ist wiedererrichtet und die Freude der Bevölkerung regelrecht zu spüren. Eingang hat Psalm 122 auch in die Krönungszeremonie der britischen Monarchen gehalten, wovon beeindruckende Vertonungen wie die bekannteste von Hubert Parry zeugen.
Angesichts der aktuellen Ereignisse im Nahen Osten klingen diese Zeilen wie ein hoffnungsvolles Gebet, dass die Waffen bald schweigen mögen: "Erbittet Frieden für Jerusalem! Geborgen seien, die dich lieben. Friede sei in deinen Mauern, Geborgenheit in deinen Häusern! Wegen meiner Brüder und meiner Freunde will ich sagen: In dir sei Friede."
Babylonisches Exil als prägendes Ereignis
Doch im aktuellen Lesejahr B wird der sehnliche Wunsch nach Frieden gnadenlos von der Realität wieder eingeholt. Die erste Lesung aus dem Buch der Chronik wirft den Blick zurück auf das, "was bisher geschah" und erzählt von der Zerstörung Jerusalems sowie des Tempels durch den König von Babylon, Nebukadnezar. Für die Israeliten beginnt nun die Zeit des Babylonischen Exils, die nach der Prophezeiung des Jeremia erst mit der Eroberung Babylons durch den Perserkönig Kyros enden soll.
Der bekannte Antwortpsalm 137 auf die Lesung drückt die Sehnsucht der Verschleppten im Babylonischen Exil nach Jerusalem und dem Tempel aus. Verschleppung, Weinen und Wehklagen gibt es auch heute wieder im Nahen Osten, so dass auch dieser Text in diesem Jahr einen der Aktualität geschuldeten Klang hat.
Der vierte Fastensonntag lässt mitten in der Fastenzeit einerseits die Vorfreude auf Ostern bereits durchschimmern. Diese ist jedoch nicht ungetrübt und zeigt auf die wechselvolle Geschichte im Judentum, aber auch in der Kirche. Gleichwenn die liturgischen Texte bereits mehrere Jahrtausende alt sind, so liest man sie doch immer wieder auch im aktuellen Kontext und merkt: Vor der Auferstehung kommt zunächst das Kreuz.