DOMRADIO.DE: Ist das eine gute Einrichtung, dass plötzlich beim Studientag der Bischöfe die Laien mit dabei sind?
Birgit Mock (Vorsitzende des Synodal-Forums Sexualität und Partnerschaft des Synodalen Weges in Deutschland und Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken): Ja, ich finde das einen guten Stil und eine gute Kultur, dass wir nicht übereinander sprechen, sondern miteinander. So habe ich auch diese Einladung verstanden, als Gesprächsangebot und gemeinsames Forum. Das finde ich sehr gut.
DOMRADIO.DE: Es lasten schwere Sorgen auf der Kirche. An diesem Mittwoch wurde eine Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung diskutiert. Die Ergebnisse gibt es seit November. Die sind erschreckend und bescheinigen der Kirche, dass sie die eigenen Gläubigen verliert. Wie haben Sie das gerade erlebt?
Mock: Ja, wir sind durch verschiedene Expert:innen tiefer in die Ergebnisse eingestiegen. Die Ergebnisse sind erschreckend, verheerend und nicht unbedingt überraschend. Es gibt einen hohen Vertrauensverlust in beiden Kirchen, in der evangelischen und in der katholischen Kirche.
Wenn man sich die Zahlen der letzten 30 Jahre im Verlauf anguckt, ist das Vertrauen in die institutionelle Kirche dramatisch gesunken.
DOMRADIO.DE: Was denken Sie, kann man unternehmen, damit das Vertrauen, das für eine Kirche notwendig ist, bleibt? Was kann man für Gläubige machen die, die sozusagen ihren Glauben verkünden wollen?
Mock: Das ist der andere Teil, den die Studie gezeigt hat. Da, wo Personen überzeugend handeln, gibt es Zuspruch. Da, wo die Kirche Gutes tut, wird das in unserer Gesellschaft als glaubwürdig wahrgenommen.
Da, wo die Kirche sich einsetzt für die Bewahrung der Schöpfung; da, wo die Kirche sich mit den Menschen einsetzt, für die Willkommenskultur, für geflüchtete Menschen; da, wo die Kirche sich einsetzt in ihrem karitativen und diakonischen Handeln – das wird als glaubwürdig und überzeugend erlebt. Die Gesellschaft ist froh, Menschen zu haben, die aus diesem Geist heraus handeln.
DOMRADIO.DE: Das heißt, wenn die Kirche nah bei den Sorgen und Nöten der Menschen ist, dann kann sie punkten. Sie sind nicht nur hier im Austausch mit den Bischöfen, sondern kontinuierlich. Glauben Sie, dass das von allen Bischöfen in dieser Dringlichkeit gesehen wird?
Mock: Ich kann es mir vorstellen. Wir sind hier mit verschiedenen Regionen vertreten mit Bischöfen und Gläubigen, die aus den östlichen Bundesländern kommen. Dort gehört es längst zur Situation, dass der Anteil derer, die Mitglied einer Kirche sind, sehr gering ist.
Mit welchen Angeboten kann man da Menschen erreichen? "Punkten", haben Sie gesagt. Was heißt denn "punkten"? Punkten heißt doch, dass es etwas gibt, was Menschen berührt und sie beheimatet. Dass sie das Gefühl haben, sie sind nicht alleine mit ihren Sorgen. Sie können kommen, wie sie sind.
Wo kann die Kirche Angebote machen? Wo können auch Gottesdienstformate hilfreich sein? Aber auch dieses viele andere. Ich glaube, es gibt eine Suchbewegung. Das haben wir in dieser Vielfalt hier erlebt. Es sind viele auf der Suche und es wird heute auch sehr offen darüber gesprochen.
DOMRADIO.DE: Wenn Sie von Augsburg wieder nach Hause fahren und all diese Ergebnisse mitnehmen, was denken Sie, werden Sie ganz konkret selber für sich in Ihrem Hildegardis-Verein, in Ihrer Frauengemeinschaft, anfangen, um das nach vorne zu bringen?
Mock: Ich glaube, es kann darum gehen, Menschen zu stärken, die nah bei den Menschen sind. Was brauchen sie an Unterstützung? Was brauchen die an Zuspruch? Was brauchen sie vielleicht auch an Orten, wo sie sich selber auch wieder kräftigen und stärken können?
Wo kann man das Gespräch mit den Menschen suchen, die Gutes tun, nicht nur aus einem Glauben, aus Gott heraus. Das ist heute deutlich geworden, dass uns das verbinden kann, dass wir anderen Menschen Gutes tun. Wir haben unterschiedliche Herkünfte und teilen da miteinander.
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.