Landwirtschaftsexpertin beklagt tiefe Verunsicherung der Bauern

"Das führt zu Isolation und macht mürbe"

Bauern stehen unter einem enormen Rechtfertigungsdruck, das zumindest beklagt Irmgard Hüppe, die Landwirte und ihre Familien berät und begleitet. Ob Klimawandel oder Tierwohl, viele Debatten lasteten auf den Schultern der Bauernfamilien.

Gerste (dpa)
Gerste / ( dpa )

Eine tief gehende Verunsicherung bei den Landwirten in Deutschland beklagt die Ländliche Familienberatung im Bistum Münster. Ernteeinbußen durch die gegenwärtige Dürre seien nur ein Teil einer Krise, die viele bäuerliche Betriebe betreffe, sagte die Geschäftsführerin der Familienberatung, Irmgard Hüppe, am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Münster. "Das Wort Ausgleichszahlungen habe ich in den vergangenen Wochen selten gehört. Es geht um viel mehr."

Die Landwirtschaftsexpertin betonte, auf den Landwirten lasteten hohe gesellschaftliche Erwartungen. Die Bauern würden für den Klimawandel mit verantwortlich gemacht. Zudem werde erwartet, "dass sie angemessen reagieren und sich darauf mit ihrer Produktion einstellen. Der permanente Rechtfertigungsdruck - in der Gesellschaft allgemein, aber auch in den Dörfern vor Ort - macht vielen Bauern sehr zu schaffen."

Wirtschaftliche Situation spitzt sich zu

Laut Hüppe gibt es bei den Bauern zudem eine große Unsicherheit, wie es weiter gehe. "Immer wieder gibt es neue Auflagen, die mit teilweise hohen Kosten verbunden sind. Kaum hat man sie erfüllt, geht es in eine andere Richtung." Dazu kämen dann etwa die Debatten um das Tierwohl, die derzeit viele Bauernfamilien beschäftigten. "Die Einbrüche militanter Tierschützer in Ställe haben bei vielen Angst und Bedrohungsgefühle ausgelöst. Der Generalverdacht, dass Bauern Tiere quälen, ist sehr belastend, führt zu Isolation und macht mürbe."

Nach Einschätzung der Geschäftsführerin hat sich die wirtschaftliche Situation vieler landwirtschaftlicher Betriebe dramatisch zugespitzt. "In der Vergangenheit haben viele Landwirte auf Krisen reagiert, indem sie nochmals eine Schippe draufgelegt haben. Doch da stoßen viele Betriebe an ihre Grenzen." Derzeit sei Diversität ein großes Thema: "Wie kann ich als Landwirt eine Nische finden, um meine Produkte besser zu vermarkten?"

Die seit zehn Jahren bestehende Ländliche Familienberatung im Bistum Münster (LFB) bietet Landwirten und ihren Familien Hilfen bei wirtschaftlichen, sozialen und privaten Problemen. Derzeit sind 29 ehrenamtliche Berater tätig, um bei Generationenproblemen, Hofübergaben, Ehekrisen oder Fragen der betrieblichen Ausrichtung zu helfen.


Quelle:
KNA