Lange Haftstrafen - Bayerns Innenminister für Abschiebung, Fachleute dagegen

Urteil gegen U-Bahn-Schläger

Die beiden Münchner "U-Bahn-Schläger" sind am Dienstag vom Landgericht zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Der 21 Jahre alte Türke Serkan A. muss wegen versuchten Mordes für zwölf Jahre, der 18-jährige Grieche Sypridon L. für achteinhalb Jahre ins Gefängnis. Die Bild-Zeitung und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprechen sich nun für eine Abschiebung der Täter aus. Fachleute sehen das etwas anders: Hören Sie das domradio-Interview mit Andreas Sellner, er ist Experte für den Jugendstrafvollzug beim Caritasverband in Köln.

 (DR)

Sellner führt die erhöhte Aufmerksamkeit in diesem Fall auf die durch die Medien verbreiteten Bilder der Tat zurück. Durch die Wiederholung ein und derselben Videosequenz sei in der Bevölkerung der Eindruck entstanden, die Gewaltbereitschaft würde sich immer weiter erhöhen. Das Jugendstrafrecht und der Strafvollzug seien nur das Ultima Ratio. Viel wichtiger sei es, mit Jugendarbeit auf die Jugendlichen einzuwirken, um Gewaltbereite auf den rechten Weg zurückzuführen.

Einer Abschiebung nach der Haft hält Sellner nicht für sinnvoll. Während der Haft würden Resozialisationsmaßnahmen greifen, die eine Wiedereingliederung in die deutsche Gesellschaft zum Ziel hätten.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte sich Vorfeld des Urteils für eine Abschiebung der beiden Münchner U-Bahnschläger ausgesprochen. Nach der Verbüßung ihrer Haftstrafen müssten die Männer ausgewiesen werden, sagte Herrmann der «Bild»-Zeitung. Alles andere sei «in keiner Weise akzeptabel». «Es würde niemand verstehen, wenn Ausländer, die eine derartige Brutalität an den Tag legen, weiter in Deutschland bleiben können», sagte der CSU-Politiker.

"Völlig sinnlose Tat"
Die beiden Männer hatten am 20. Dezember vergangenen Jahres einen 76-jährigen Mann in einem Münchner U-Bahnhof brutal niedergeprügelt. Das Opfer, ein pensionierter Schulrektor, erlitt dabei Schädelverletzungen und Gehirnblutungen. Mit dem Urteil entsprach das Gericht weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft.

In seiner Urteilsbegründung bezeichnete der Vorsitzende Richter die Tat als «brutal und kaltblütig». Diese sei an «Rohheit nicht zu überbieten». Die beiden Männer hätten in «erbarmungsloser» und «gnadenloser» Weise zugeschlagen. Ihnen sei bewusst gewesen, dass sie ihrem Opfer tödliche Verletzungen hätten zufügen können. Es liege damit «bedingter Tötungsvorsatz» vor. Die beiden hätten den möglichen Tod des Pensionärs billigend in Kauf genommen. Durch den Alkoholkonsum der beiden vor der Tat sei ihr «natürliches Hemmungsvermögen» zwar eingeschränkt, ihre Steuerungsfähigkeit aber nicht beeinträchtigt gewesen. Diese «völlig sinnlose Tat» stehe «auf sittlich niedrigster Stufe».

Die beiden Männer hatten vor Gericht die Tat eingeräumt. Sie beteuerten mehrmals, wie leid ihnen alles tue, und entschuldigten sich damit, völlig betrunken gewesen zu sein. Eine Mordabsicht hatten sie aber vehement abgestritten. Eine Überwachungskamera hatte die Tat aufgezeichnet. Die Bilder lösten eine bundesweite Debatte über den Umgang mit jugendlichen Straftätern sowie kriminellen Ausländern aus.