Langzeitstudie über Bundesbürger in zweiter Lebensphase

Altwerden wird immer besser

Die zweite Lebensphase wird bunter und vielfältiger. Ältere Menschen seien aktiver und zuversichtlicher, heißt es in einer neuen Studie. Aber sie müssen auch länger arbeiten und mehr Familienarbeit leisten.

Autor/in:
Christoph Arens
Aktiv im Alter / © Patrick Pleul (dpa)
Aktiv im Alter / © Patrick Pleul ( dpa )

Vereinsamt, krank, untätig? Dieses negative Altersbild ändert sich. Die Bundesbürger zwischen 40 und 85 Jahren seien heutzutage aktiver, zuversichtlicher und lebten in vielfältigeren sozialen Zusammenhängen als vor Jahrzehnten. Das jedenfalls zeigt der Deutsche Alterssurvey 2014, den Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) am Dienstag in Berlin vorstellte.

Mädchen: Lebenserwartung von 83 Jahren

Das positive Bild passt in die politische Strategie: Die Deutschen leben in einer Gesellschaft des langen Lebens. Neugeborene Mädchen haben derzeit eine Lebenserwartung von 83 Jahren, Jungen von 78 Jahren. Zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte erreichten so viele Menschen ein so hohes Alter wie heute. Die Frage ist, ob das positiv oder negativ bewertet wird. "Die Zukunft des Alters hängt in erheblichem Maße von Altersbildern ab", konstatierten Wissenschaftler um den Heidelberger Gerontologen Andreas Kruse schon im 2010 veröffentlichten Sechsten Altenbericht der Bundesregierung. Der Survey scheint zu belegen, dass die Lebenszufriedenheit steigt.

Unterschiede zwischen Migranten und Einheimischen

Die zweite Lebensphase wandle sich stark, so Ministerin Schwesig. Um dann einzuräumen, dass weiter erhebliche Unterschiede bestünden - etwa zwischen Männern und Frauen, höher und weniger Gebildeten, Migranten und Einheimischen. So seien Frauen zwar deutlich häufiger erwerbstätig, blieben aber weiterhin meistens für Hausarbeit oder Pflege zuständig. "Wir müssen dafür sorgen, dass alle Menschen faire Chancen für ein gutes und aktives Leben im Alter bekommen."

Der Leiter des Deutschen Zentrums für Altersfragen, Clemens Tesch-Römer, unterstrich, in den vergangenen 20 Jahren habe sich in der zweiten Lebenshälfte vieles zum Besseren gewandelt. Ältere Menschen seien heute aktiver: Sie engagierten sich häufiger ehrenamtlich, trieben mehr Sport und seien länger erwerbstätig.

"Leider haben aber nicht alle Menschen teil an diesem positiven Wandel. Nach wie vor gibt es in den Lebenssituationen von Frauen und Männern deutliche Unterschiede. Auch die Bildungsungleichheit zieht sich bis ins hohe Alter." 

Arbeitslosigkeit kurz vor Ruhestand

Laut Langzeitstudie, die seit Mitte der 1990er Jahre alle sechs Jahre erhoben wird, arbeitet die ältere Generation länger als früher - teilweise freiwillig, aber vielfach auch gezwungenermaßen. So hat der Erwerbstätigen-Anteil im Alter von 54 bis 65 Jahren seit 1996 deutlich zugenommen. Auch im Ruhestand geht jeder Zehnte einer Arbeit nach. Immer mehr Erwerbstätige planen den Befragungen zufolge, bis zur Regelaltersgrenze zu arbeiten. Der nahtlose Übergang in die Altersrente gelingt jedoch immer weniger Älteren; immer mehr sind kurz vor dem Ruhestand arbeitslos. 

Trotz ihrer Berufstätigkeit leisten die Bundesbürger in der zweiten Lebenshälfte mehr Familienarbeit für Enkel und alte Eltern, besonders die Frauen. Schwesig bilanzierte, es werde deutlich, dass Politik und Gesellschaft die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf stärker in den Mittelpunkt rücken müssten.

Erweiterter Angehörigenkreis

Das Verhältnis der Generationen zueinander beschreibt die Studie als ziemlich konfliktfrei. Der Anteil der Eltern, die ihre Kinder finanziell unterstützen, hat deutlich zugenommen. Zugleich gaben die 55- bis 69-jährigen Großeltern fast doppelt so häufig Geld- und Sachgeschenke an ihre Enkelkinder (15,8 Prozent) als noch 1996 (8,1 Prozent).

Auch um die soziale Eingebundenheit der älteren Generation steht es der Studie zufolge gut. Auch wenn traditionelle Formen wie die Ehe abnähmen, teilten die meisten ihr Leben mit einem Partner. 2014 waren weit weniger Menschen im Alter zwischen 70 und 85 Jahren verwitwet (24,0 Prozent) als im Jahr 1996 (39,1 Prozent).

Zwar ist der Trend zu größer werdenden Wohnentfernungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern ungebrochen. Dennoch hat dies offensichtlich keinerlei Auswirkungen darauf, wie häufig Eltern und Kinder miteinander in Kontakt stehen. Allerdings werden Hilfen im Alltag, die Ältere von jüngeren Familienmitgliedern erhalten, seltener. Stattdessen werde das soziale Netzwerk gestärkt. "Der Begriff des Angehörigen verändert sich", so Tesch-Römer. So zählten auch Freunde, Nachbarn und Bekannte dazu.


Quelle:
KNA