Laschet fordert Maßnahmen-Paket für besseren Kinderschutz

Für eine "Kultur des Hinschauens"

Der nordrhein-westfälische Familienminister Armin Laschet (CDU) hat eine Kultur des Hinschauens für einen besseren Kinderschutz gefordert. "Wir brauchen einen ethischen Grundbestand in der Gesellschaft, wie man mit Kindern umgeht" so Laschet im domradio.

 (DR)

Es brauche viele Mosaiksteine, für einen wirksamen Kinderschutz, sagte Laschet weiter. Der Minister verwies auf die sozialen Frühwarnsysteme, die inzwischen an 40 Standorten in NRW geschaffen worden seien, sowie rund 1.000 Familienzentren im bevölkerungsreichsten Bundesland. Bis Ende des Jahres sollen 600 ausgebildete Kinderschutzkräfte zertifiziert werden.
"Diese Fachkräfte werden in Kindertagesstätten eingesetzt und sollen Symptome früh erkennen", erklärt Laschet. "Das reicht natürlich nicht. Wir brauchen ein ganzes Paket an Maßnahmen. Aber eine davon ist, jemanden zu haben, der sich speziell damit auskennt."

Auch die ärztliche Meldepflicht bei Frühuntersuchungen ist laut Laschet einer dieser Mosaiksteine, um mögliche Missbrauchsfälle schneller erkennen zu können. "Wir setzen sehr auf die Früherkennungsuntersuchungen und dass auch die Ärzte im Blick haben, ob bei einem Kind Misshandlungen vorliegen."

"Klima der Hysterie" vermeiden
Der Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege, Uwe Becker, warnte vor einer Stigmatisierung des Problems Kindesvernachlässigung. Die Vernachlässigung sei ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und lasse sich nicht auf Hartz-IV-Familien begrenzen. Es sei hier wichtig, kein Klima der Hysterie ausbrechen zu lassen.
"Wir haben beim Kinderschutz das Problem, dass die Gesellschaft rst reagieren kann, wenn man einem Kind anmerkt, dass da etwas schief läuft", so Laschet.

"Die Sensibilität ist größer geworden"
Der Leiter des Jugendamts Gelsenkirchen, Alfons Wissmann, sagte, in seiner Stadt gebe es seit drei Jahren eine Steigerung um 80 Prozent bei Inobhutnahmen von Kindern. Jeden Tag liefen im Jugendamt zwei Verfahren zur Kindeswohlgefährdung. Oft gerieten Mütter in Probleme, die im Vorfeld so nicht abzusehen seien. Die Behörden könnten häufig mit kleinen Hilfestellungen viel bewirken. Deshalb besuche das Jugendamt Gelsenkirchen jede Mutter eines Neugeborenen.
"Meine Vermutung ist, dass die Zahl der Misshandlungen nicht zunimmt, sondern, dass wir einfach genauer hinschauen", sagt Laschet. "Es hat es wahrscheinlich immer schon gegeben, dass Kinder Gewalt erfahren oder verwahrlost sind. Jeder Fall wird heute bundesweit bekannt - dadurch ist die Sensibilität größer geworden." Allerdings steige die Zahl der Fälle, in denen Kinder aus ihren Familien herausgeholt würden.


Kinderschutz habe eine "hoch moralische Dimension", betont Laschet abschließend. "Das kann letztendlich kein Strafrecht und keine Politik verordnen." Schließlich wolle man auch nicht, dass der Staat über jeder Familie stehe. "Wir wollen, dass Eltern selbst stark sind."