Lebensberaterin teilt Rituale zur Selbstreflexion in den Raunächten

"Rituale geben Halt und Sicherheit"

Zwischen Weihnachten und Neujahr gibt es viele Bräuche und Mythen. Raunächte wird die Zeit vom 25. Dezember bis 6. Januar genannt. Die katholische Lebensberaterin Nora Klar erklärt, warum man eigene Rituale etablieren sollte.

Autor/in:
Heike Sicconi
Rauhnächte / © Игоревич
Rauhnächte / © Игоревич

DOMRADIO.DE: Woher kennen Sie solche Rituale rund um Raunächte, und wenden Sie die heute noch an? 

Nora Klar (Lebensberaterin der Katholischen Ehe- und Familienberatung in Wuppertal): Auf jeden Fall. Ich habe mir in den letzten Jahren immer wieder überlegt, dass ich diese Rituale gerne in mein eigenes Leben etablieren möchte. Dieses Jahr mache ich das sehr bewusst und nehme mir jeden Tag ein bisschen Zeit für die Raunächte. 

Nora Klar, Beraterin in der Ehe-, Familien- und Lebensberatung in Wuppertal / © Daniel Schubert (privat)
Nora Klar, Beraterin in der Ehe-, Familien- und Lebensberatung in Wuppertal / © Daniel Schubert ( privat )

Ich mache zum Beispiel das 13-Wünsche-Ritual. Da überlegt man sich kurz vor dem 25. Dezember 13 Wünsche, die man für das Jahr 2025 hat. Realistische Wünsche vor allen Dingen. Diese 13 Wünsche schreibt man jeweils auf einen kleinen Zettel, faltet sie und wirft sie in ein Gefäß. 

Jeden Abend ziehe ich blind einen Zettel heraus und verbrenne diesen über einem kleinen Feuer. Dadurch schicke ich die Wünsche in das Universum. 

Am Ende, also am 6. Januar, bleibt ein Wunsch übrig, den ich mir dann durchlesen darf. Für diesen letzten Wunsch bin ich selbst zuständig, dass er wahr wird. Ich finde, das ist etwas total Schönes und Bewusstes.

DOMRADIO.DE: Haben Sie sich dieses Ritual selbst ausgedacht oder irgendwo abgeguckt? 

Klar: Das gehört zu den Raunächten dazu. Um die Raunächte herum gibt es ganz viele unterschiedliche Rituale und dieses 13-Wünsche-Ritual ist dafür sehr typisch. Ich habe es mir abgeguckt und finde es total schön, weil es schon eine sehr intensive Arbeit ist, diese 13 Wünsche aufzuschreiben. Damit hatte ich gar nicht gerechnet. 

Ich habe mich einfach bewusst mit meinen Themen beschäftigt und überlegt, was für mich nächstes Jahr wichtig ist, was ich mir wünsche, was vielleicht neu oder anders in meinem Leben sein soll. Diese Wünsche zu notieren, hat in mir viel ausgelöst. 

Ich habe zu meinem Partner gesagt, dass ich jetzt sogar Lust habe, mich um alle 13 Wünsche selbst zu kümmern. Aber zwölf gehen ja ins Universum, vielleicht klappt es ja. 

Nora Klar

"Rituale geben Halt und Sicherheit."

DOMRADIO.DE: Ist das ein Zeichen für ein gutes Ritual, wenn man während des Aufschreiben der 13 Wünsche merkt, dass das etwas mit mir selbst zu tun hat?

Klar: Auf jeden Fall. Rituale geben Halt und Sicherheit. Sie sind sind immer wiederkehrend, gerade um die Weihnachtszeit herum und zu Neujahr. Das sind Momente, in denen wir Menschen häufig innehalten, reflektieren und uns vielleicht ein bisschen bewusster sind als zu anderen Zeiten im Jahr. Und das sind Zeiten, in denen wir häufig Rituale anwenden, weil wir so bewusst sein wollen. 

Stille und Entspannung im Alltag / © Alena Ozerova (shutterstock)
Stille und Entspannung im Alltag / © Alena Ozerova ( shutterstock )

Wenn man Rituale zelebriert, dann hat das häufig etwas mit Innehalten und Reflektieren zu tun. Zum Beispiel tut es mir persönlich total gut, morgens ein paar Minuten für mich zu haben. Dann gehe ich auf meine Schurwollmatte und trinke einen Tee und mache eine Mischung aus Meditieren und ein wenig Bewegung - Yoga kann man es vielleicht nicht ganz nennen. Das ist ein Ritual, was ich wirklich jeden Morgen versuche zu machen, weil ich dann einfach besser in den Tag starte. 

Nora Klar

"Wenn man sich selbst Rituale schafft, dann hat das etwas viel Nachhaltigeres."

DOMRADIO.DE: Das heißt, man kann sich auch eigene Rituale schaffen? 

Klar: Auf jeden Fall. Und ich finde, dass das auch ganz wichtig ist. Wenn man nur ins Internet geht und sich Rituale durchliest und sie kopiert, setzen wir sie vielleicht nicht um oder integrieren sie nicht in unseren Alltag. Wenn man sich selbst Rituale schafft, dann hat das etwas viel Nachhaltigeres. Weil man wirklich schaut, welches Ritual passt zu mir und meiner Familie? 

Nora Klar

"Wir sollten überlegen, was uns Freude macht und das immer wieder zelebrieren. Dann wird es auch ein gutes Ritual."

DOMRADIO.DE: Wie schafft man ein Ritual, wenn mehrere Menschen beteiligt sind? 

Klar: Ich finde Familienrituale total wichtig. Dabei geht es auch darum, zu schauen, welche Art von Familie man ist und was dazu passt. Also: Ist es vielleicht ein schönes Ritual, am Neujahrsmorgen einen gemeinsamen Waldspaziergang zu machen, weil wir alle gerne draußen an der frischen Luft sind? 

Geschmückter Christbaum und eine Weihnachtspyramide / © Harald Oppitz (KNA)
Geschmückter Christbaum und eine Weihnachtspyramide / © Harald Oppitz ( KNA )

Oder kann es auch ein schönes Ritual sein, an Heiligabend gemeinsam unter dem Weihnachtsbaum eine Kerze anzuzünden und die Wünsche in den Himmel zu schicken? Das kann ganz unterschiedlich sein. Dabei sollten wir auch überlegen, was uns Freude macht und das dann immer wieder zelebrieren. Dann wird es auch ein gutes Ritual. 

DOMRADIO.DE: Dabei hat man eine sehr aktive Rolle, das ist nichts, was einem übergestülpt wird. Auch bei dem Wünsche-Ritual bin ich aufgefordert, den letzten Wunsch alleine umzusetzen. 

Klar: Ja, das hat etwas sehr Aktives und ich finde, man ist sehr bei sich. Rituale sind wirklich sehr bereichernd für das Leben, weil man so bei sich sein, reflektieren, innehalten kann. Deswegen kann ich nur allen Menschen ans Herz legen, sich vielleicht auch Rituale in ihr Leben zu holen. 

Das Interview führte Heike Sicconi. 

Quelle:
DR