Schon vor mehr als 20 Jahren hatte sich Kardinal Karl Lehmann für einen Paradigmenwechsel im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen gefordert. Gemeinsam mit Erzbischof Oskar Saier aus Freiburg, und Kardinal Walter Kasper – damals noch Bischof von Rottenburg-Stuttgart – betonte er in einem Hirtenbrief, dass die Kirche dringend neue Formen des barmherzigen Umgangs finden müsse. Vor dem Hintergrund würdigte Kardinal Lehmann "Amoris Laetitia" als großen Wurf von Papst Franziskus.
Zugleich betonte er am Samstag in Mainz, vor allem die Umsetzung seines Anliegens mit Blick auf die wiederverheirateten Geschiedenen werde aber noch "eine riesengroße Arbeit" sein. "Es wird notwendig sein, das in unsere Köpfe zu bringen und auch danach zu handeln, angefangen vom Bischof, über die Seelsorger bis hin zu den Betroffenen", so Lehmann. Dies betreffe viele Aufgaben der Bischofskonferenzen, der Diözesen, der Ausbildung und der Fortbildung.
In der Kirche ist für alle Platz
Der Kardinal betonte, die Frage nach dem Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen dürfe nicht allein auf die Frage nach der Zulassung zur Eucharistie reduziert werden. Unter einer solchen Voraussetzung könne man das Anliegen des Papstes nur missverstehen, so Lehmann.
Entscheidend sei der Ausgangspunkt des Papstes, der sich wie "ein roter Faden" durch das Dokument ziehe. "Menschen in gescheiterten Beziehungen sind nicht exkommuniziert, sondern sie haben einen Platz in der Kirche und die Kirche muss ihnen einen Empfangsraum bieten. Das ist ein ganz wichtiger Ansatz", betonte Lehmann. Ein wesentlicher Aspekt sei dann die Unterscheidung der verschiedenen Lebenssituationen, die eben nicht "katalogisiert oder in allzu starre Aussagen eingeschlossen werden" könnten, wie der Papst betone.