domradio: Vor einigen Wochen gab es eine Terrorwarnung in Bremen. Für ein paar Tage schauten alle nach Bremen. Ist das auch heute noch eines der bestimmenden Themen?
Dr. Martin Schomaker: Natürlich ist das eines der bestimmenden Themen und generell die Frage von Gewalt. Es geht aber weniger um die Gewalt hier in der Stadt, sondern vielmehr um die Tatsache, dass es auch Menschen gibt, die sich leider für Terroraktionen im Nahen Osten begeistern lassen. Es gibt offensichtlich Menschen aus dieser Stadt, die dort an der Front kämpfen. Das ist schon eine große Sorge, die wir hier in Bremen haben.
domradio: Was sind sonst die bestimmenden Themen im Wahlkampf?
Dr. Martin Schomaker: Der Wahlkampf ist relativ ruhig verlaufen. Es geht natürlich immer um die Frage der Finanzen. Wir sind ja ein überschuldetes Bundesland. Ganz stark war auch die Bildungspolitik im Fokus. Dabei ging es um die Frage, wie können bildungsferne Schichten überhaupt für Bildung begeistert werden und wie kann das finanziert werden. Natürlich prägt auch die Flüchtlingsfrage unsere Stadt. Da haben wir, wie ich das sehe, einen großen Konsens über parteipolitische Grenzen hinweg erzielt.
domradio: Es wird also viel für die Flüchtlinge getan?
Dr. Martin Schomaker: Ich habe den Eindruck, dass wir auf eine gute Zusammenarbeit bauen können. Es wird viel getan, damit Flüchtlinge hier eine Heimat finden können. Natürlich gibt es immer wieder die Frage, was noch weiter getan werden kann und muss, damit die bürokratischen Hürden kleiner werden. Ich habe den Eindruck, diesbezüglich werden große Anstrengungen unternommen.
domradio: Sie befinden sich als Leiter des katholischen Büros in Bremen sozusagen in der Verbindungsstelle zwischen Kirche und Politik. Wie erleben Sie die bisherige Zusammenarbeit zwischen der jetzigen Regierung und der Kirche?
Dr. Martin Schomaker: Bremen ist ja die Stadt der ganz kurzen Wege. Es gibt ganz vielfältige Möglichkeiten, sich zu begegnen und das erleichtert die ganze Zusammenarbeit. Wir haben einerseits die Zusammenarbeit mit der Bürgerschaft, mit den Senatoren und den Abgeordneten in unserer Bürgerschaft. Da existieren ganz vielfältige Kontakte, vor allem mit den Fraktionsvorsitzenden. Es gibt durchaus viele Themen, bei denen wir eng zusammenarbeiten. So beispielsweise im Bereich der Sozialpolitik, wenn es um Kindertagesstätten und Ähnliches geht. Aber wir haben auch einige Dissense. Ich war zum Beispiel Gegner der Neufassung des bremischen Bestattungsrechtes.
domradio: Warum?
Dr. Martin Schomaker: Das Bestattungsrecht, so wie es jetzt vorliegt, ermöglicht, dass Verstorbene festlegen können, dass ihre Urne zuhause auf eigenem Grund ausgestreut wird. Ich habe da ganz große Bedenken, dass das ein Weg in die Zukunft ist. Ich habe den Eindruck, dass dabei die Persönlichkeit des Verstorbenen nicht ganz wahrgenommen wird und der Name und der Ort des Erinnerns verloren gehen können. Ich finde eine andere Lösung auf unseren Friedhöfen besser und habe mich dafür auch stark gemacht.
domradio: Die evangelische Kirche ist in Bremen stark repräsentiert. Ist denn die katholische Stimme in der Politik auch wahrnehmbar?
Dr. Martin Schomaker: In Bremen sind wir tatsächlich die kleinere Kirche. Elf Prozent der Bevölkerung ist katholisch. Aber wir haben aufgrund der Migranten, die in die Stadt kommen, steigende Zahlen. Wenn man auf die letzten Jahrzehnte zurückblickt, dann steigen die Zahlen ohnehin. Nach dem Krieg waren es etwa fünf Prozent. Wir arbeiten mit der Politik und der evangelischen Kirche in Bremen ganz eng zusammen und stimmen uns bei den großen Themen auch eng ab. So sprechen wir hier kirchlich mit einer Stimme.
domradio: Wie groß ist die Politikverdrossenheit in Bremen?
Dr. Martin Schomaker: Da mache ich mir durchaus Sorgen. Ein großes Problem könnte sein, dass die Wahlbeteiligung gering ausfällt. So war es jedenfalls in den letzten Jahren bei den Wahlen. Das zeigt sich zum Teil dadurch, dass die Menschen den Eindruck haben, sie könnten nicht mitwirken. Zum Teil spielt auch der Rückzug aus der Gesellschaft eine Rolle. Ich habe mich deswegen für eine hohe Wahlbeteiligung ausgesprochen. Ich habe die Menschen dazu ermutigt, zur Wahl zu gehen. Das ist unsere Möglichkeit, Demokratie mitzugestalten. Wir können uns glücklich schätzen, überhaupt wählen zu können. Das ist ja nicht in allen Ländern selbstverständlich. Ich hoffe, dass die Menschen sich motivieren lassen, sich an der Wahl konstruktiv zu beteiligen.
domradio: Wenn man sich die Umfragen anschaut, dann scheint es ja ein klares Ergebnis zu geben. Könnte das die Menschen auch vom Wahlgang abhalten?
Dr. Martin Schomaker: Von den Umfragen her scheint das Ergebnis klar zu werden. Das kann natürlich auch ein Faktor sein, dass die Menschen meinen, sie bräuchten nicht zur Wahl zu gehen. Ich hoffe einfach, dass viele hingehen, weil ich das für eine wichtige Aufgabe halte, um ein Signal zu setzen, diejenigen zu unterstützen, die uns in den kommenden Jahren vertreten werden.
domradio: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Matthias Friebe