KNA: Herr Olivieri, wann haben Sie zuletzt eine Euro-Münze mit Papst-Konterfei gefunden oder als Wechselgeld herausbekommen?
Olivieri: Im Vatikan passiert das ständig, denn seit zwei Jahren sind die 50-Cent-Münzen im Umlauf. Aber auch außerhalb der Mauern, besonders in umliegenden Geschäften, kursieren sie. Allerdings hat ein vom Numismatik-Büro beauftragtes Unternehmen einen weitaus größeren Umlauf festgestellt: etwa in der Lombardei in Norditalien und besonders auch an der Adriaküste. Auch werden wir immer wieder von Bekannten und von Sammlern informiert, dass sie vatikanische Cents von Kaffeeautomaten oder an Autobahn-Mautstellen zurückbekommen haben.
KNA: Seit Anfang 2010 müssen mindestens 51 Prozent der Euro-Münzen zu ihrem Nennwert im Umlauf sein. Wie können Touristen und Sammler an diese 50-Cent-Stücke kommen?
Olivieri: Rom-Besucher können die Münzen recht einfach finden, wenn sie etwa in die Geschäfte der Vatikanischen Museen, ins Pilger- und Touristenamt am Petersplatz, zur vatikanischen Post oder Apotheke gehen. Um sie als Restgeld bei einem Zeitschriftenhändler oder in einer Bar am Borgo Pio zu bekommen, gehört schon etwas mehr Glück dazu.
KNA: Wie kann man sich das mit dem Restgeld in den vatikanischen Geschäften vorstellen: Ich gehe hin und frage, ob sie mir meine Euro gegen vatikanische tauschen? Haben sie an den Kassen genauso Münzrollen mit 50-Cent-Stücken, wie es bei den Euros anderer Länder auch der Fall ist?
Olivieri: Nein, solche Rollen existieren nicht. Das Geld kommt in Tüten an, und dann verteilen wir es lose. Der Umtausch ist nicht institutionalisiert oder reguliert. Normalerweise wird unser Geld über das Wechselgeld in Umlauf gebracht. Aber wenn jemand zu uns oder zur Post kommt und um den Umtausch eines Euros bittet, dann tun wir das in der Regel. Da gibt es keine Probleme.
KNA: Wo werden die Münzen hergestellt, und wie viele vatikanische Euros wurden in den zehn Jahren des Bestehens insgesamt geprägt?
Olivieri: Unsere Euros, ebenso wie die von San Marino, werden traditionell von der italienischen Münzprägeanstalt hergestellt. Das war auch in Zeiten der Lira so. - Die Gesamtzahl der Münzen oder ihren Gesamtwert kann man nicht so leicht bestimmen. Es gibt da die Unterscheidung zwischen Sondermünzen aus Silber oder Gold und jenen, die für den Umlauf bestimmt sind. Von diesen wird ein Teil in Etuis verkauft und mehr als die Hälfte tatsächlich als Wechselgeld in Umlauf gebracht. Im ersten Jahr 2002 durften wir Münzen im Wert von 670.000 Euro prägen. 2004 wurde die Summe auf eine Million angehoben, und seit zwei Jahren sind wir bei rund 2,3 Millionen Euro pro Jahr.
KNA: Wie wird diese Summe in diesem Jahr aufgeteilt?
Olivieri: Der kleinere Teil sind reine Sammlermünzen aus Gold und Silber, die im Wert von 879.000 Euro hergestellt werden. Circa 1,5 Millionen Euro werden als normale Euro geprägt, die überall in der Währungsunion als Zahlungsmittel akzeptiert werden. Davon werden
670.000 Euro als Sets in Etuis verkauft und 837.000 Euro in den vatikanischen Geschäften als Wechselgeld herausgegeben.
KNA: Wie entstehen die Motive für die Sondermünzen? Werden sie vom Papst selbst genehmigt?
Olivieri: Ich schlage zunächst Themen vor - wie etwa zehn Jahre vatikanischer Euro in diesem Jahr - und dann mögliche Künstler, die wir der Leitung des Governatorates des Vatikanstaates präsentieren. Sie werden also nicht vom Papst bewilligt, sondern vom Präsidenten, Kardinal Giuseppe Bertello, oder Generalsekretär Bischof Giuseppe Sciacca.
KNA: Wie sind die aktuellen Bestimmungen für die Sedisvakanz? Nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. erschien 2005 ein komplettes Set von Vatikan-Euros mit dem Emblem der Apostolischen Kammer.
Olivieri: Das wird es nicht mehr geben. Nach der derzeitigen Regelung dürfen wir im Fall einer Sedisvakanz nur Zwei-Euro-Sondermünzen plus Wertmetallmünzen mit den gekreuzten Schlüsseln und dem Schirm statt eines Papst-Konterfeis prägen. Weil das anders ist als 2005, können wir auch nicht sagen, wie viele Münzen es ungefähr werden. Normalerweise gibt es bei den Sondermünzen zu zwei Euro eine Auflage von 115.000 Münzen, von denen rund 90.000 in Etuis verkauft werden. Wahrscheinlich würden wir in dem Fall mehr machen, da die Nachfrage nach diesen besonderen Münzen höher sein könnte.
Das Interview führte Agathe Lukassek.
Leiter des vatikanischen Münzamtes über zehn Jahre Vatikan-Euro
"Mit etwas Glück als Restgeld"
An diesem Freitag gibt das vatikanische Münzamt seine Auflage für 2012 heraus. Zehn Jahre nach Einführung eigener Münzen am 1. März 2002 ist der Euro mit dem Papst-Konterfei weiter begehrt - und auch einfacher zu ergattern als zu Anfang. Der Leiter des vatikanischen Briefmarken- und Münzamtes, Mauro Olivieri, zeigt Tricks auf.
Share on