Die internen Leitlinien der Bischofskonferenz allein reichten nicht aus, um den Missbrauchsopfern zu ihrem Recht zu verhelfen oder sie wirksam zu schützen, betonte Leutheusser-Schnarrenberger am Mittwoch erneut. Das habe sie auch in ihrem ARD-Interview «sehr sachlich deutlich gemacht»
Sie würde sich «freuen», wenn die Kirche sich mit den Überlegungen befassen würde, die sie in die Diskussion eingebracht habe. «Die Debatte ist angestoßen», betonte sie. Ihr gehe es nicht um eine Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche, sondern ausschließlich um die Missbrauchsfälle. Sie auf die Vorwürfe antworten, "aber die Kirche - und es würde mich sehr freuen, wenn die katholische Kirche sich auch mit den Überlegungen befasst, wie sie in anderen Ländern stattfindet, wie ich sie in die Diskussion eingebracht habe, eben mit Möglichkeit eines Runden Tisches, auch mit der Frage, ob die Richtlinien so bestehen bleiben oder ob man sie nicht auch entsprechend ändert."
"Maßlose Polemik"
Erzbischof Zollitsch hatte den Vorwurf der Ministerin als rundweg falsch und sprach von «maßloser Polemik». Er verwies auf die seit 2002 bestehenden Leitlinien der Bischofskonferenz, die eine Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft vorsähen. Zugleich hatte er der Ministerin ein Ultimatum gestellt, innerhalb von 24 Stunden die Äußerungen von Montagabend zu korrigieren. Niemals zuvor habe ein Mitglied der Bundesregierung eine «ähnlich schwerwiegende Attacke» gegen die katholische Kirche geführt, sagte Zollitsch.
Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) forderte die FDP-Politikerin zur Korrektur ihrer Äußerungen auf. Ihre Bewertungen seien «ungerechtfertigt, maßlos und irreführend», erklärte ZdK-Präsident Alois Glück. Er verwies darauf, dass die Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen, die bedrückend seien und die Öffentlichkeit aufwühlten, «durch eigene Initiativen der kirchlichen Stellen bekanntgeworden» seien.
Kritik aus der Union
Der Kardinal-Höffner-Kreis katholischer Unionsabgeordneter im Bundestag wies die Kritik ebenfalls zurück. Der Vorsitzende des Kreises, Familien-Staatssekretär Hermann Kues (CDU), sagte in Berlin, es sei «völlig abwegig, eine große Institution mehr oder weniger undifferenziert an den Pranger zu stellen».
Der Arbeitskreis Engagierter Katholiken in der CDU (AEK) bewertete die Äußerungen Leutheusser-Schnarrenbergers als «schlichte Amtsanmaßung und Kompetenzüberschreitung». AEK-Sprecher Martin Lohmann nannte den Beitrag der Ministerin «geradezu perfide». Zugleich begrüßte er Zollitschs Ultimatum. Die FDP-Politikerin überziehe die Kirche als ganze mit einem Generalverdacht.
Leutheusser-Schnarrenberger bleibt bei ihrer Kritik an der Kirche
"Die Debatte ist angestoßen"
Ungeachtet der Verärgerung der Deutschen Bischöfe bleibt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bei der Kritik am Umgang der Kirche mit Missbrauchsfällen. Sie kündigte im Deutschlandradio Kultur an, sie werde in "angemessener Form" auf Erzbischof Zollitschs Forderung antworten.
Share on